Patricia Goratsch, Florian Enzensberger
Rz. 65
Die Zuteilung des Vermögens an die Erben kann grundsätzlich als Ganzes oder in Bruchteilen erfolgen. Derartige Zuwendungen stellen nach der allg. Auslegungsregel des § 2087 Abs. 1 BGB immer eine Erbeinsetzung dar. Die Vorschrift ist nicht zwingend, sondern nur Ergänzungsregel für den Fall, dass der Erblasser nichts anderes bestimmt hat. Einen Ausnahmefall von dieser Auslegungsregel stellt das Universalvermächtnis dar. Hierbei wird der gesamte Nachlass vermächtnisweise einer Person zugewandt. Ist in diesen Fällen kein gewillkürter Erbe eingesetzt, tritt gesetzliche Erbfolge ein. Analog §§ 2378 Abs. 1, 2385 BGB hat der Vermächtnisnehmer beim Universalvermächtnis auch die Nachlassverbindlichkeiten zu tragen. Auch das sog. Quotenvermächtnis, durch das der Vermächtnisnehmer eine bestimmte Quote des Nachlasses erhält, stellt eine Ausnahme von der Regel des § 2087 Abs. 1 BGB dar.
Rz. 66
Es ist die Aufgabe des Erblassers, seine Verfügung von Todes wegen selbst zu durchdenken und seinen eigenen Willen zum Ausdruck zu bringen. Als Folge der Testierfreiheit hat der Erblasser das Recht, von der gesetzlichen Erbfolge abzuweichen. Diese Verfügungsbefugnis kann er aber nicht auf Dritte abwälzen. Ist der Erblasser nicht in der Lage, eine abschließende Entscheidung zu treffen, ist es der Wille des Gesetzgebers, dass es bei der gesetzlichen Erbfolge verbleibt. Eine Entscheidung in die Hände Dritter zu legen, ist nicht gewollt. Nach § 2065 Abs. 1 BGB kann der Erblasser eine letztwillige Verfügung auch nicht in der Weise treffen, dass ein anderer zu bestimmen hat, ob sie gelten soll oder nicht. Gleiches gilt für die Bestimmung und die Auswahl des als Erben Bedachten selbst (§ 2065 Abs. 2 BGB).
Rz. 67
Letztwillige Verfügungen sind nur im absoluten Ausnahmefall sittenwidrig. So hat der BGH entschieden, dass eine letztwillige Verfügung, die zwar geeignet ist, die grundrechtlich geschützte Eheschließungsfreiheit der Abkömmlinge des Erblassers zu beeinträchtigen und die Abkömmlinge unter Verstoß gegen das Verbot der Diskriminierung nach Abstammung und Herkunft zu benachteiligen, jedenfalls dann nicht sittenwidrig und unwirksam ist, wenn die letztwillige Verfügung nicht auf die Beeinträchtigung dieser Grundrechte gerichtet ist, sondern der Erblasser andere, von der Testierfreiheit gedeckte, mit dem Nachlass sachlich zusammenhängende Ziele verfolgt hat (Erbunfähigkeitsklausel). Hingegen hat das OLG Frankfurt jedoch eine an die Besuchspflicht der Enkel geknüpfte bedingte Erbeinsetzung als sittenwidrig und damit nichtig eingeordnet, da der Erblasser erbrechtliche Vermögensvorteile als Druckmittel für zu Lebzeiten durchzuführende Besuche seiner Enkelkinder einsetzt. Jedoch können die Enkel in diesem Fall unter Berücksichtigung des hypothetischen Willens des Erblassers auch ohne Erfüllung der Besuchspflicht Miterben sein.
Rz. 68
Häufig stellt sich das Problem, dass der Erblasser nicht in der Lage ist, die Bestimmung seines Nachfolgers zu treffen, da bspw. die Abkömmlinge noch zu jung sind oder der Erblasser noch gar nicht weiß, ob die Personen später tatsächlich auch geeignet sind und seinen Vorstellungen entsprechen. Es wird deshalb in der Lit. das Problem diskutiert, inwieweit die Vor- und Nacherbschaft so geregelt werden kann, dass zum Nacherben derjenige bestimmt wird, den der Vorerbe zu seinem eigenen Erben seines freien Vermögens bestimmt ("Dieterle-Klausel"). Das OLG Frankfurt/Main hat eine derartige Formulierung, dass Nacherbe derjenige wird, der Erbe des Vorerben wird, als unzulässig erachtet. Das Problem besteht darin, dass gem. § 2075 BGB es grundsätzlich zulässig ist, eine Zuwendung an eine auflösende Bedingung zu knüpfen. Zulässig ist es darüber hinaus, dass der Eintritt dieser Bedingung vom Willen des Bedachten abhängig sein kann. Wird hingegen die Bestimmung des Nacherben insgesamt vom Willen eines anderen abhängig gemacht, so ist nach der Entscheidung des OLG Frankfurt/Main von einem Verstoß gegen § 2065 Abs. 2 BGB auszugehen, da in diesem Fall die Person des Nacherben, wenn auch nur mittelbar, frei zur Disposition des Vorerben stehen würde. Der Vorerbe hätte also völlig freie Hand im Hinblick auf die Wahl des Nacherben. Das RG hat eine Verfügung für zulässig erklärt, wenn der Erbe aus einem eng begrenzten Bedachtenkreis ausgewählt werden kann, wobei die Kriterien für die Auswahl so genau bestimmt sein müssen, dass für eine willkürliche Entscheidung kein Raum bleibt. Allerdings hat der BGH diese Möglichkeit eingeschränkt, und zwar dahingehend, dass eine Ermessensentscheidung eines Dritten nicht möglich ist. Nach Ansicht des BGH soll es einem Dritten zwar möglich sein, den Erben zu bezeichnen, nicht aber die Bestimmung des Bedachten selbst zu treffen. Die Angaben zur Person des Erben sind deshalb so konkret zu formulieren, dass es jedem Dritten möglich ist, den Bedachten ohne eigenen Beurteilungsspielraum zu benennen.
Rz. 69
Bei einem Vermächtnis ist der Grundsatz der höchstpersön...