Rz. 204

Die richtige Gestaltung von letztwilligen Verfügungen für den Fall des Vorhandenseins eines behinderten Kindes gewinnt immer mehr an Bedeutung.

 

Rz. 205

Erblassermotive von Eltern mit behinderten Kindern sind meist einerseits das Abwälzen der Kosten der notwendigen Heimunterbringung des Kindes auf die Allgemeinheit durch weitgehende Sicherung des Familienvermögens vor Überleitungsansprüchen des Fiskus, andererseits soll das behinderte Kind nicht leer ausgehen, aber nur solche Zuwendungen erhalten, die zwar seine Lebensqualität verbessern, aber weder übergeleitet noch auf die Sozialhilfeleistungen angerechnet werden können (siehe dazu auch § 25 Rdn 1 ff.).[161]

 

Rz. 206

Regelmäßig wird zur Erreichung der Ziele die Form des klassischen Behindertentestaments gewählt: Das behinderte Kind wird als Vorerbe auf einen Erbteil eingesetzt, der höher als sein Pflichtteil ist. Ein gesundes Kind oder ein Abkömmling dieses Kindes wird zum Nacherben berufen. Außerdem wird hinsichtlich des Erbteils des behinderten Kindes eine Dauertestamentsvollstreckung auf Lebenszeit angeordnet mit der Vorgabe, dem Vorerben nur ganz bestimmte Nutzungen und Erträgnisse zukommen zu lassen. Die Nutzungen sollten einerseits zum Schonvermögen nach § 90 SGB XII gehören, andererseits aber auch die Lebensverhältnisse des behinderten Kindes verbessern.

 

Rz. 207

Diese Kombination von Nacherbfolge mit Dauertestamentsvollstreckung stellt einen perfekten Vollstreckungsschutz der Substanz der Vorerbschaft gegenüber den Eigengläubigern des Vorerben (hier des behinderten Kindes) und damit dem Sozialhilfeträger dar.

 

Rz. 208

Neben der klassischen Kombination von Nacherbfolge und Dauertestamentsvollstreckung kann immer über weitere Möglichkeiten nachgedacht werden, dem Behinderten zusätzliche Vermögensvorteile zukommen zu lassen. So kann z.B. dem behinderten Kind ein Wohnungsrecht im Wege des Vermächtnisses zugedacht werden.

 

Rz. 209

Darüber hinaus wird vermehrt die Gestaltung mittels Vor- und Nachvermächtnis diskutiert und genutzt (siehe dazu auch § 26 Rdn 51 ff.).

 

Rz. 210

Für weitere Ausführungen und Muster von Testamenten bei behinderten Erben siehe ausführlich § 26.

[161] Nieder/Kössinger, HB Testamentsgestaltung, § 21 Rn 68.

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