Gundolf Rüge, Dr. iur. Marcus Hartmann
Rz. 76
Die Ersatzpflicht nach § 89 WHG wird durch den Schutzzweck dieser Norm, einen umfassenden Schutz der Gewässer vor Verunreinigung zu gewährleisten, bestimmt und in persönlicher wie in sachlicher Hinsicht begrenzt.
Rz. 77
Hiernach steht in persönlicher Hinsicht ein Schadensersatzanspruch aus § 89 WHG nur demjenigen zu, der durch die Verschlechterung des Wassers selbst unmittelbar betroffen wird, insbesondere also dem Benutzer des Gewässers, nicht aber dritten Personen, auf die sich die Veränderung lediglich mittelbar auswirkt. Das gilt ebenso für den Benutzer des Grundwassers, wenn ihm die wasserrechtliche Erlaubnis zur Förderung und Verwendung des Grundwassers erteilt war. Indes schließt das Fehlen einer erforderlichen wasserrechtlichen Erlaubnis der Gewässerbenutzung den Ersatzanspruch nicht grundsätzlich völlig aus.
Rz. 78
Es muss auch hier ein innerer Zusammenhang zwischen dem Schaden und der durch den Schädiger geschaffenen Gefahrenlage bestehen, nicht lediglich eine bloß zufällige äußere Verbindung. Keine Ersatzpflicht besteht für Schäden, die nicht unmittelbar auf der Verschlechterung des Wassers beruhen, sondern erst durch das Hinzutreten weiterer Ursachen entstanden sind. Nach § 89 WHG werden folglich nur Gewässerschäden ersetzt. Keine Haftung tritt hingegen für Schäden ein, die darauf beruhen, dass Wasser gefährdende Stoffe in das Erdreich, in Bauwerke oder Ähnliches gelangen.
Rz. 79
In diesem Rahmen besteht jedoch keine weitere Einschränkung, nicht auf bestimmte Schäden (wie bei §§ 12–14 UmweltHG) und auch nicht der Höhe nach (wie bei fast allen anderen Gefährdungshaftungen; vgl. etwa §§ 9, 10 HaftPflG, § 12 StVG oder § 15 UmweltHG). Im Wege des Schadensersatzes (§§ 249 ff. BGB) ist der Geschädigte vielmehr wirtschaftlich so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stehen würde. Der zu ersetzende Schaden umfasst somit neben dem Personen- und Sachschaden den gesamten Vermögensschaden und, wie § 252 BGB klarstellt, auch den entgangenen Gewinn. Ferner erfasst sind vorbeugende Rettungskosten wie Kosten zur Abwendung der Wasserverunreinigung, sofern die Störung sicher bevorstand und feststellbar ist, dass ohne die Rettungsmaßnahme gefährdende Stoffe in das Gewässer gelangt wären. Erstattungsfähig sind auch Kosten für das Ausbaggern und Auswechseln des kontaminierten Bodens, um eine weitere Belastung des Gewässers zu vermeiden. Obwohl § 89 WHG eine Norm der Gefährdungshaftung ist, blieb sie von dem Gesetz zur Einführung eines Anspruchs auf Hinterbliebenengeld vom 17.7.2017 unberührt. Unter Verweis darauf, dass der Gesetzgeber das Hinterbliebenengeld für alle Fälle verschuldensunabhängiger Haftung einführen wollte, wird vereinzelt vertreten, dass eine Analogie bei anderen Formen der Gefährdungshaftung denkbar sei. Mit dieser Ansicht wäre auch bei § 89 WHG ein Hinterbliebenengeld denkbar. Gegen eine Analogie spricht jedoch die Annahme einer planwidrigen Regelungslücke: Mit dem Gesetz zur Einführung des Hinterbliebenengeldes wurden zahlreiche Tatbestände nebengesetzlicher Gefährdungshaftungen um entsprechende Anspruchsnormen ergänzt. Das WHG wurde dabei offenbar bewusst ausgeklammert. Die Begründung zum Gesetzentwurf ändert an dieser Annahme nichts, wenn darin ausgeführt wird, dass der Anspruch auf Hinterbliebenengeld "zum Beispiel" über § 117 Abs. 1 BBergG auch für das Bergschadensrecht gelte. Denn § 117 Abs. 1 BBergG enthält im Gegensatz zu § 89 WHG eine grundsätzliche Verweisung auf Schadensersatz nach dem Recht der unerlaubten Handlungen. Dies schließt den Anspruch auf Hinterbliebenengeld nach § 844 Abs. 3 BGB ein.