Rz. 170

Von einer Anschlussberufung spricht man, wenn nach Einlegung der Berufung durch eine Partei (= Berufungskläger), der bis dahin Berufungsbeklagte unselbstständig nunmehr auch Berufung einlegt. Dies kann dann der Fall sein, wenn beide Parteien in der ersten Instanz nicht vollständig obsiegt haben. Oft wartet dann der eine, ob der andere tatsächlich Berufung einlegt. Legt der andere keine Berufung ein, würde der Anschlussberufungskläger das erstinstanzliche Urteil akzeptieren. Legt allerdings der andere Berufung ein, will auch der Anschlussberufungskläger, dass das Urteil aus seiner Sicht, also im Hinblick auf sein Unterliegen überprüft wird. Aus diesem Grund hat der Anschlussberufungskläger nicht selbst Berufung eingelegt. Er hat sein weiteres Vorgehen davon abhängig gemacht, ob durch den auch zum Teil Unterlegenen das Verfahren im Wege der Berufung fortgeführt wird.

 

Rz. 171

Bis der Anschlussberufungskläger dies positiv weiß, ist i.d.R. die Frist für eine selbstständige Berufung bereits abgelaufen.

Die Anschlussberufung kann daher (§ 524 Abs. 1 ZPO) bis zum Ablauf der dem Berufungsbeklagten (= Anschlussberufungskläger) gesetzten Berufungserwiderungsfrist eingelegt werden (§ 524 Abs. 2 ZPO). Damit ist die Anschlussberufung nicht von der eigentlichen Berufungsfrist abhängig. Die Anschlussberufung muss mit der Anschlussberufungsschrift begründet werden (§ 524 Abs. 3 Satz 1 ZPO).

 

Rz. 172

Gem. § 524 Abs. 4 ZPO verliert die Anschlussberufung ihre Wirkung, wenn die Berufung zurückgenommen wird. Sie wird nicht selbstständig fortgeführt. Dies wird den Anschlussberufungskläger i.d.R. weniger stören. Mit Rücknahme der Berufung tritt ja wieder das Ergebnis ein, das er bereit war zu akzeptieren.

 

Rz. 173

Hinsichtlich der Vergütung gilt, dass ein einheitlicher Rechtszug gebildet wird und die Werte aus Anschlussberufung und selbstständiger Berufung addiert werden. Auch eine Rücknahme der Berufung und damit Wirkungslosigkeit der Anschlussberufung ändert nichts an dem entstandenen Vergütungsanspruch.

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