Rz. 142
Partner einer Verjährungsvereinbarung i.S.d. § 202 BGB sind der Rechtsberater und sein Auftraggeber.
Besteht ein Anwaltsvertrag zugunsten eines Dritten (§§ 328 ff. BGB; vgl. § 9 Rdn 1 ff.) oder mit Schutzwirkung zugunsten eines Dritten (analog §§ 328 ff. BGB; vgl. § 10 Rdn 1 ff.), so ist der Dritte regelmäßig am Vertragsschluss nicht beteiligt. Nach der insoweit anwendbaren Vorschrift des § 334 BGB stehen allerdings dem Schuldner – hier dem Rechtsanwalt – Einwendungen aus seinem Vertrag mit dem Auftraggeber auch ggü. Dritten zu. Danach kann der Rechtsanwalt eine Verjährungsabrede i.S.d. § 202 BGB auch dem Dritten entgegenhalten; der Dritte darf insoweit grds. nicht besser stehen als der Auftraggeber, von dem er sein Recht herleitet. Eine richterliche Auslegung des Anwaltsvertrages kann jedoch mit Rücksicht auf den Vertragszweck (vgl. § 328 Abs. 2 BGB) ergeben, dass die – dispositive – Bestimmung des § 334 BGB "stillschweigend" abbedungen wurde. Einer solchen Auslegung können die Vertragspartner vorbeugen, indem sie ausdrücklich festlegen, dass § 334 BGB nicht abbedungen wird.
Rz. 143
Ein Rechtsanwalt kann einem "Nichtmandanten" aus einem Auskunftsvertrag (§ 675 Abs. 2 BGB) haften, der regelmäßig durch schlüssiges Verhalten zustande kommt (vgl. § 11 Rdn 1 ff.). In die Gefahr einer solchen Haftung geraten Rechtsanwälte v.a. dann, wenn sie in Wahrnehmung der Interessen ihres Mandanten mit Dritten – etwa mit einem Vertragsgegner oder Gläubiger ihres Auftraggebers – in Verbindung treten. In solchen Fällen wird so gut wie nie eine Beschränkung der Auskunftshaftung zwischen dem Rechtsanwalt und dem "Nichtmandanten", der als Empfänger der Auskunft Partner des Auskunftsvertrages ist, vereinbart werden. Dann reicht aber der Umstand, dass der Rechtsanwalt aufgrund eines Anwaltsvertrages mit seinem Mandanten tätig geworden ist, nicht aus, eine Verjährungsvereinbarung dieser Vertragspartner über § 334 BGB einem Schadensersatzanspruch des Dritten aus dessen Auskunftsvertrag mit dem Rechtsanwalt entgegenzuhalten.
Rz. 144
Führt ein Rechtsanwalt aufgrund eines Anwaltsvertrages mit seinem Auftraggeber als dessen Vertreter, Vermittler oder sonstiger Sachwalter Vertragsverhandlungen mit einem Dritten und beeinflusst er diese Verhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich dadurch, dass er besonderes persönliches Vertrauen seines Verhandlungspartners in Anspruch nimmt und/oder ein unmittelbares, eigenes wirtschaftliches Interesse an dem angestrebten Geschäft verfolgt, so kann er einer Eigenhaftung als Verhandlungsgehilfe aus Verschulden bei Vertragsschluss (§ 311 Abs. 2 BGB) unterliegen, wenn er vorvertragliche Pflichten – etwa zur Aufklärung oder zum Schutz des Verhandlungspartners oder einer hinter diesem stehenden Person (§ 241 Abs. 2 BGB) – schuldhaft verletzt (§ 311 Abs. 3 BGB; vgl. § 13 Rdn 1 ff.). In einem solchen Fall kann der Rechtsanwalt eine Verjährungsvereinbarung mit seinem Mandanten nicht einem Schadensersatzanspruch des Dritten entgegenhalten. Dieser leitet sein Recht nicht vom Auftraggeber des Rechtsanwalts ab, sondern stützt seinen Ersatzanspruch auf das Schuldverhältnis der Vertragsverhandlungen mit dem Rechtsanwalt (§ 311 Abs. 2, 3 BGB).
Diese Ausführungen gelten entsprechend, wenn ein Rechtsanwalt einem "Nichtmandanten" Schadensersatz aus bürgerlich-rechtlicher Prospekthaftung schuldet, die von der Rechtsprechung aus der Vertrauenshaftung für Verschulden vor oder bei Vertragsschluss zum Schutz eines Kapitalanlegers entwickelt wurde (vgl. § 14 Rdn 1 ff.).