Rz. 81

Handelt es sich bei der rückabzuwickelnden schwiegerelterlichen Leistung um Arbeits- oder Dienstleistungen, ist die dogmatische Einordnung in den Anwendungsbereich des § 1374 Abs. 2 BGB schwieriger. Denn wie bereits dargestellt, handelt es sich mangels Vermögenseinbuße auf Seiten des Leistenden nicht um eine Zuwendung im Sinne einer Schenkung gemäß § 516 BGB.

 

Rz. 82

Folge dessen müsste zwangsläufig sein, dass ein durch die erbrachten Arbeits- oder Dienstleistungen eingetretener Vermögenszuwachs auf Seiten des Schwiegerkindes keine Privilegierung im Sinne des § 1374 Abs. 2 BGB erfährt. Der Vermögenswert wäre dann nur in das Endvermögen des Schwiegerkindes einzustellen, was einen Vermögenszuwachs während der Ehezeit mit einem entsprechend entstehenden Zugewinnausgleichsanspruch des Ehegatten mit sich bringt. Zugleich sähe sich das Schwiegerkind dann noch einem Ausgleichsanspruch der Schwiegereltern wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage hinsichtlich desselben Vermögenwertes ausgesetzt.

 

Rz. 83

Um die unterschiedliche Behandlung des Vermögenszuwachses durch Schenkung und derjenigen durch Arbeits- und/oder Dienstleistungen zu verhindern, wird vertreten, es bedürfe einer Durchbrechung der dargestellten dogmatischen Einordnung. Die erbrachten Arbeits- und Dienstleistungen müssten, obwohl keine Schenkungen im Sinne des § 516 BGB, im Rahmen des Zugewinnausgleichs wie solche behandelt werden. Denn nur dann können sie gemäß § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen hinzugerechnet werden.[73] Denkbar ist aber auch ein anderer Ansatzpunkt. Es könnte darauf abgestellt werden, die zu berücksichtigende Schenkung im Sinne des § 516 BGB sei nicht die Arbeits- oder Dienstleistung, sondern die erlassene Vergütung dieser Arbeiten.[74]

 

Rz. 84

Die vorgenannten Erwägungen spielen dann keine Rolle, wenn den Schwiegereltern das Festhalten an dem den Arbeits- oder Dienstleistungen zugrunde liegenden Kooperationsvertrag zuzumuten ist. Denn bei einer Zuerkennung eines Ausgleichsanspruchs ist nicht nur die Höhe der durch die Arbeits- oder Dienstleistungen ersparten Kosten zu berücksichtigen, sondern auch die Dauer der Ehe. Der Betrag der ersparten Aufwendungen wäre zu errechnen, unter Umständen um den hälftigen Betrag zu kürzen (wenn die Hälfte der ersparten Aufwendungen dem eigenen Kind zu Gute gekommen ist) und sodann nochmal im Hinblick auf die Dauer der Ehe zu reduzieren.[75] Damit ist der auszugleichende Betrag oftmals so gering, dass den Schwiegereltern ein Festhalten an dem Kooperationsvertrag ohne Anpassung zuzumuten ist. Es liegt dann kein untragbar unangemessenes Ergebnis vor.[76] Ein Anspruch der Schwiegereltern aus § 313 BGB scheidet in diesen Fällen aus.

 

Rz. 85

 

Praxistipp

Haben Eltern dem Schwiegerkind im Hinblick auf den Bestand der Ehe mit dem eigenen Kind Vermögen oder Arbeitsleistungen zugewandt und ist diese Ehe dann gescheitert, ist die Geschäftsgrundlage des Schenkungsvertrages (der Bestand der Ehe) gestört, da nachträglich weggefallen.
Ein Anspruch der Schwiegereltern wegen Wegfall der Geschäftsgrundlage besteht nur, wenn das Festhalten am Vertrag zu untragbaren, mit Recht und Gerechtigkeit nicht zu vereinbarenden Ergebnissen führen würde.
Das güterrechtliche Ergebnis findet bei der Frage der Zumutbarkeit des Festhaltens an dem Vertrag keine Berücksichtigung (mehr).
Ein Rückforderungsanspruch der Schwiegereltern ist nicht wegen der Gefahr der doppelten Inanspruchnahme des Beschenkten zu verneinen, da einer Inanspruchnahme des Beschenkten über den Zugewinnausgleich durch die Qualifizierung der schwiegerelterlichen Zuwendung als Schenkung entgegengewirkt wird.
Handelt es sich bei der rückabzuwickelnden schwiegerelterlichen Leistung um Arbeits- oder Dienstleistungen, ist die dogmatische Einordnung in den Anwendungsbereich des § 1374 Abs. 2 BGB schwieriger, da keine Schenkung im Sinne des § 516 BGB angenommen wird.
 

Rz. 86

 

Lösung Beispielsfall

Der M kann die an ihn überwiesenen 60.000 EUR als Aktiva, den Rückforderungsanspruch seiner Schwiegereltern als Passiva sowohl in sein Anfangs- als auch in sein Endvermögen einstellen. Dasselbe geschieht hinsichtlich des Wertes der Instandsetzungs-, Umbau- und Renovierungsarbeiten des SV. Einem Rückforderungsanspruch durch seine Schwiegereltern bezüglich der Arbeitsleistungen ist er dann nicht ausgesetzt, wenn der unter Umständen auszugleichende Betrag so gering wäre, dass den Schwiegereltern ein Festhalten an dem Vertrag zuzumuten ist.

[73] Wever, Rn 573d.
[74] Palandt/Brudermüller, § 1374 Abs. 2 BGB Rn 14.
[76] OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 4.6.2012 – 6 UF 12/12, openJur 2013, 29637 (Ziff.18).

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