Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 316
Bei § 1579 BGB wird vielfach vereinfachend von der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs gesprochen. Die Sanktionen nach § 1579 BGB müssen aber nicht endgültig sein. Je nach Härteklausel, der Dauerwirkung, der Zumutbarkeit und Billigkeit sowie nach den Umständen des Einzelfalles können verwirkte Unterhaltsansprüche — ganz oder teilweise – wieder aufleben. Das Wiederaufleben des Anspruchs ist allerdings die Ausnahme.
Rz. 317
Insbesondere bei § 1579 Nr. 2 – neue Partnerschaft – ist aber anerkannt, dass der Anspruch bei Wegfall der Voraussetzungen – also der Beendigung der neuen Partnerschaft – wieder aufleben kann.
Zitat
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 11.5.2020 – II-3 UF 14/20
Ein Wiederaufleben des einmal gem. § 1579 Nr. 2 BGB verwirkten Anspruchs auf Aufstockungsunterhalt kommt nur ausnahmsweise in Betracht, wenn trotz der für eine gewisse Zeit verfestigten neuen Lebensgemeinschaft noch ein Maß an nachehelicher Solidarität gefordert werden kann, das eine fortdauernde nacheheliche Unterhaltspflicht rechtfertigen kann.
Bei der in diesem Zusammenhang angezeigten umfassenden Würdigung kann gegen die Zumutbarkeit eines Wiedererstarkens des bereits verwirkten Unterhaltsanspruchs sprechen, wenn der/die Unterhaltsgläubiger/in nach Beendigung der einmal verfestigt gewesenen Lebensgemeinschaft (welche zur Verwirkung geführt hatte) erneut eine Beziehung eingegangen ist, die lediglich aufgrund des fehlenden Zeitablaufs noch nicht verfestigt ist
a) Voraussetzungen des Wiederauflebens des Anspruches
Rz. 318
Es ist umfassend zu prüfen, ob eine erneute Unterhaltsverpflichtung die Zumutbarkeitsgrenze überschreitet. Bei dieser erneuten Billigkeitsprüfung sind alle Umstände einzubeziehen.
Rz. 319
Von Bedeutung ist dabei, dass sich der Unterhaltsberechtigte durch die Aufnahme einer verfestigten neuen Lebensgemeinschaft aus der nachehelichen Solidarität der Ehegatten herausgelöst und zu erkennen gegeben hatte, dass er diese nicht mehr benötigt. Zu berücksichtigen ist auch, wie lange die Verhältnisse gedauert haben, die eine Unterhaltsgewährung als objektiv unzumutbar erscheinen ließen. Nach Beendigung einer verfestigten Lebensgemeinschaft ist regelmäßig nur noch sehr begrenzt eine nacheheliche Solidarität zu erwarten.
Rz. 320
Gegen ein Wiederaufleben des Unterhaltsanspruchs kann zudem sprechen, wenn der auf Unterhalt in Anspruch genommene Ehegatte im Vertrauen auf den endgültigen Wegfall der Unterhaltspflicht wirtschaftliche Dispositionen getroffen hat, die seine Leistungsfähigkeit beeinträchtigen, ohne dass er dies dem Unterhaltsgläubiger unterhaltsrechtlich entgegenhalten könnte.
b) Umfang des wiederauflebenden Anspruches
Rz. 321
Regelmäßig lebt allenfalls der Betreuungsunterhalt wieder auf. Für ein Wiederaufleben anderer Tatbestände fehlt es regelmäßig an einer Legitimation, während ein Wiederaufleben des Betreuungsunterhalts auf das schutzwürdige Interesse der gemeinsamen Kinder zurückzuführen ist.