Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 93
Mehrere Entscheidungen stellen für die "Kompensation" auf Seiten der Berechtigten darauf ab, dass sie Vorteile erlangt hat in Form von vermögenswerten Leistungen, die in ihre Altersversorgung fließen.
Zitat
Zwar kann ein ehebedingter Nachteil auch im Zeitraum nach der Zustellung des Scheidungsantrags entstehen, wenn die Ehefrau z.B. wegen ihres ehebedingt weiterhin reduzierten Einkommens dann keine bzw. nur noch geringere Rentenanwartschaften bilden kann. Sie hat aber einen titulierten Anspruch auf Altersvorsorgeunterhalt und kann folglich die ehebedingt geringeren Rentenanwartschaften ohne weiteres ausgleichen.
Da ihr lediglich die ehebedingte Einkommensdifferenz als Elementarunterhalt zugesprochen wird, setzt sich der ehebedingte Nachteil mit Renteneintritt in Form der geringeren Rentenanwartschaften fort. Durch die Bewilligung von Altersvorsorgeunterhalt im Sinne von § 1578 Abs. 3 BGB bezogen auf die ehebedingte Einkommensdifferenz kann dieser Nachteil ausgeglichen werden.
Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt als er bei hinweggedachter Ehe erwürbe, wird ausgeglichen, wenn er Altersvorsorgeunterhalt erlangen kann.
Der Unterhaltsberechtigten können Nachteile dadurch entstehen, dass sie nach Zustellung des Scheidungsantrags und damit in einer nicht mehr vom Versorgungsausgleich umfassten Zeit ehebedingt ein geringeres Erwerbseinkommen erzielt und demgemäß auch geringere Rentenanwartschaften erwirbt. Sofern sie lediglich die ehebedingte Einkommensdifferenz als Unterhalt erhält, setzt sich der ehebedingte Nachteil mit Renteneintritt in Form der geringeren Rentenanwartschaften fort. Durch Altersvorsorgeunterhalt kann dieser Nachteil ausgeglichen werden.
Der Kläger hat der Beklagten ausweislich des Unterhaltsvergleichs keinen Altersvorsorgeunterhalt geschuldet, weshalb der Nachteil nicht auf diese Weise kompensiert worden ist.
Im vorliegenden Fall sind im Hinblick auf einen seit 1980 entstandenen Nachteil in der Altersvorsorge der Beklagten insbesondere die Vermögenszuwendungen des Unterhaltspflichtigen an die Berechtigte und der vom Unterhaltspflichtigen geleistete Altersvorsorgeunterhalt zu berücksichtigen.
Dabei ist eine zweckentsprechende Verwendung des Vorsorgeunterhalts zu unterstellen.
Rz. 94
Zitat
Der Kläger hat der Beklagten ausweislich des Unterhaltsvergleichs keinen Altersvorsorgeunterhalt geschuldet, weshalb der Nachteil nicht auf diese Weise kompensiert worden ist.
Rz. 95
Praxistipp
Hierbei ist aber genau zu unterscheiden:
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Wird nach der Scheidung Altersvorsorgeunterhalt gezahlt, kann dies zwar verhindern, dass während dieses Zeitraumes (weitere) Versorgungsnachteile entstehen. |
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Dieser gezahlte Altersvorsorgeunterhalt ist aber nicht geeignet, bereits entstandene Nachteile aus der Zeit der Ehe – rückwirkend – zu kompensieren. |
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Zu beachten ist auch, dass zusätzliche Leistungen im Bereich des Versorgungsausgleichs allenfalls dazu führen, die Situation der Berechtigten später zu verbessern, wenn der Rentenfall eintritt – also i.d.R erst ab dem Tage des Rentenbezugs der Berechtigten. |
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Nachteile, die sich regelmäßig im Zeitraum vor dem Rentenalter auswirken, können dadurch jedoch nicht ausgeglichen werden. Für den Zeitraum vor dem Renteneintritt kann daher diese Kompensation nicht entgegengehalten werden. |
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Daher ergibt sich durch dieses Kompensationsobjektes aufgrund dieser zeitlich versetzten Rechtsfolge jedenfalls kein Billigkeitsgesichtspunkt, den bestehenden Unterhaltsanspruch der Berechtigten schon zum jetzigen Zeitpunkt einzuschränken bzw. auf einen kürzeren Zeitpunkt zu befristen. |
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Beim Gesichtspunkt der Kompensation muss – allgemein gesprochen – also immer Zeitgleichheit bestehen
- zwischen dem konkreten Auftreten des ehebedingten Nachteils und
- den realen wirtschaftlichen Auswirkungen des Kompensationsobjektes.
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Ist diese Zeitgleichheit nicht gegeben, kann das Kompensationsargument aktuell nicht greifen. Der nicht durch Kompensation beseitigte ehebedingte Nachteil ist daher bei der Anwendung des § 1578b BGB zu berücksichtigen. |
Für die Praxis zu beachten ist zudem, dass der BGH bereits auf die mögliche Beanspruchung von Altersvorsorgeunterhalt abstellt.
Zitat
Ein ehebedingter Nachteil, der darin besteht, dass der unterhaltsberechtigte Ehegatte auch nachehelich geringere Versorgungsanrechte erwirbt, als dies bei hinweggedachter Ehe der Fall wäre, ist grundsätzlich als ausgeglichen anzusehen, wenn er für diese Zeit Altersvorsorgeunterhalt zugesprochen erhält oder jedenfalls erlangen kann
Ein ehebedingter Nach...