Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 203
Der zugrunde liegende Auskunftsanspruch muss bestehen und fällig sein.
Daraus folgt, dass ein Auskunftsverlangen vor Ablauf der Frist des § 1605 Abs. 2 BGB nicht ausreicht, die Verzugswirkungen herbeizuführen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn der Unterhaltsberechtigte darlegen kann, dass das Auskunftsverlangen zum damaligen Zeitpunkt ausnahmsweise, etwa wegen des Erwerbs wesentlich höherer Einkünfte oder weiteren Vermögens, gerechtfertigt war.
Rz. 204
Dagegen geht das OLG Hamm davon aus, es komme für die in § 1613 Abs. 1 BGB normierten Rechtsfolgen nicht darauf an, ob zum Zeitpunkt des Auskunftsverlangens ein rechtlicher Anspruch der Antragstellerin auf Auskunftserteilung nach den §§ 1361 Abs. 4 S. 4, 1605 BGB bestand.
Dem kann nicht gefolgt werden. Ein Auskunftsverlangen, das innerhalb der Sperrfrist des § 1605 Abs. 2 BGB gestellt wird, reicht nicht aus. Anspruchsgrundlage für das Auskunftsverlangen ist § 1605 BGB; ohne Vorliegen der Voraussetzungen einer Anspruchsgrundlage treten auch die in § 1613 BGB geregelten Rechtsfolgen nicht ein.
Rz. 205
Der Auskunftsanspruch ist ein unselbstständiger Hilfsanspruch zum jeweiligen Unterhaltsanspruch. Folglich müssen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des Unterhaltsanspruchs gegeben sein, die von den wirtschaftlichen Verhältnissen der Parteien unabhängig sind.
Rz. 206
Die gewünschte Auskunft muss für den Unterhaltsanspruch relevant sein. Es genügt aber bereits, dass die Auskunft für die Bemessung der Höhe des Unterhalts von Bedeutung sein kann.
Rz. 207
Auskunft wird dagegen nicht geschuldet, wenn feststeht, dass die Auskunft den Unterhaltsanspruch unter keinem Gesichtspunkt beeinflussen kann.
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Das ist z.B. dann der Fall, wenn feststeht, dass der Bedarf des Unterhaltsberechtigten vollständig durch eigene Einkünfte gedeckt wird. |
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Liegt ein wirksamer Unterhaltsverzicht vor, besteht auch keine Auskunftspflicht. Damit lässt sich die Wirksamkeit eines ehevertraglichen Unterhaltsverzichtes im Rahmen des auf Unterhalt gerichteten Auskunftsverlangens überprüfen. |
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Auch kann keine Auskunft verlangt werden, wenn der Auskunftsberechtigte die erforderlichen Informationen selbst kennt. |
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Ein Auskunftsanspruch scheidet aus, wenn der an sich Auskunftspflichtige weder Unterhaltsansprüche gegen den Auskunftsberechtigten geltend macht noch dieser seinerseits Unterhaltsansprüche hat. Denn ein Auskunftsanspruch ist kein Selbstzweck ist, sondern dient der Berechnung und damit letztlich der Durchsetzung eines zugrundeliegenden Anspruches. Wo aber – wie hier – kein Anspruch besteht, ist für ein Auskunftsverlangen kein Raum. |
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Die früher allgemein vertretene Ansicht, dass eine Auskunftsverpflichtung eines unterhaltspflichtigen Ehegatten ausscheidet, wenn dieser sich für unbeschränkt leistungsfähig erklärt (Fall des sog. konkreten Bedarfs), ist nach der Entscheidung des BGH v. 15.11.2017 nicht mehr haltbar. Dies gilt auch für den Kindesunterhalt. |
Rz. 208
Dagegen steht der Verwirkungseinwand des § 1611 BGB und des § 1579 BGB dem Auskunftsanspruch nach § 1605 BGB regelmäßig nicht entgegen. Denn die notwendige Beurteilung und Abwägung, ob der Unterhaltsanspruch verwirkt ist, lässt sich ohne Kenntnis der Einkünfte nicht vornehmen.
Rz. 209
Eine Auskunftsverpflichtung scheidet nur dann aus, wenn der Unterhaltsanspruch aufgrund der Verwirkungsnorm sicher entfällt. Dies kann jedenfalls dann nicht sicher angenommen werden, wenn möglicherweise auch nur eine Herabsetzung des Unterhaltes in Betracht kommt.
Rz. 210
Legen die tatsächlichen Verhältnisse es allerdings nahe, dass der Unterhaltsanspruch nicht besteht oder verwirkt ist, verlangt die Darlegungslast des sich eines Auskunftsanspruchs berühmenden Ehegatten mehr als nur die Darstellung des Unterhaltsverhältnisses.
Rz. 211
Dementsprechend bestehen für ein gerichtliches Auskunftsverfahren keine Erfolgsaussichten, wenn die Anspruchsvoraussetzungen für einen Unterhaltsanspruch nicht dargelegt werden. Begehrt ein volljähriges Kind Auskunft, ist Verfahrenskostenhilfe zumindest dann zu verweigern, wenn aufgrund der aus der Akte erkennbaren Fakten ein Unterhaltsanspruch nicht einmal wahrscheinlich erscheint.
Rz. 212
Gegenüber einem Auskunftsanspruch kann kein Zurückbehaltungsrecht geltend gemacht werden. Der Auskunftspflichtige kann seinerseits mit einem eigenständigen Auskunftsverlangen vorgehen.