Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 300
Der Härtegrund des § 1579 Nr. 6 BGB ist erfüllt, wenn der Unterhaltsberechtigte vor der Trennung längere Zeit hindurch seine Pflicht, zum Familienunterhalt beizutragen, gröblich verletzt hat. Es handelt sich um eine Konkretisierung der allgemeinen Härteklausel, die § 1587c Nr. 3 BGB a.F. nachgebildet ist. Dabei ist anerkannt, dass ein Ehegatte, der nach der Gestaltung der ehelichen Lebensverhältnisse nicht in anderer Weise als durch Erwerbstätigkeit zum Familienunterhalt beizutragen hat, zur Sicherung des Familienunterhalts durch Erwerbstätigkeit verpflichtet und in diesem Rahmen notfalls gehalten ist, den Beruf zu wechseln oder eine selbstständige Tätigkeit aufzugeben, wenn er die für den Unterhaltsbedarf der Berechtigten erforderlichen Mittel nicht beschaffen kann. Daher kann der Anspruch auf Unterhalt kann entfallen, wenn der Unterhalt geltend machende Ehegatte während der langjährigen Ehe weitgehend keiner Erwerbstätigkeit nachgegangen ist und dem auf Unterhalt in Anspruch genommenen Ehegatten die Versorgung der Familie weitgehend allein überlassen hat.
Rz. 301
Zitat
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28.2.2019 – II-1 UF 12/19
1. Die Familienunterhaltspflicht des Unterhaltsberechtigten im Sinne des Härtegrunds des § 1579 Nr. 6 BGB bemisst sich nach den im Rahmen der ehelichen Rollenverteilung übernommenen Aufgaben.
Wenn der Unterhaltsverpflichtete trotz eigener Erwerbstätigkeit den Haushalt allein geführt und allein gemeinsame Kinder großgezogen hat, kann davon auszugehen sein, dass der Unterhaltsberechtigte nach der ehelichen Rollenverteilung zur Sicherung des Familienunterhalts durch Erwerbstätigkeit verpflichtet und in diesem Rahmen notfalls gehalten gewesen ist, den Beruf zu wechseln oder eine selbstständige Tätigkeit aufzugeben.
2. Die Verletzung der Familienunterhaltspflicht ist gröblich, wenn die Familie dadurch ohne den Einsatz des anderen Ehegatten in ernsthafte Schwierigkeiten bei der Deckung ihres Lebensbedarfs geraten wäre.
3. Das erforderliche Verschulden liegt vor, wenn der Unterhaltsverpflichtete dem Unterhaltsberechtigten bezüglich der unterlassenen Arbeitssuche immer wieder Vorhaltungen gemacht hat und dieser eine Erwerbstätigkeit abgelehnt hat, ohne an einer solchen aufgrund von ihm nicht zu vertretender Umstände gehindert gewesen zu sein.
4. Gemäß § 1361 Abs. 2 BGB kann schon vor Ablauf des Trennungsjahrs eine Erwerbsobliegenheit des Unterhaltsberechtigten bestehen, wenn dessen Erwerbsabstinenz keiner ehelichen Rollenverteilung entsprach und damit nicht auf einer Funktionsteilung beruht, die den Erwerbsstatus des Unterhaltsberechtigten schutzwürdig erscheinen ließe.