Dr. iur. Wolfram Viefhues
aa) Rechtshängigkeit bereits durch Antrag auf Verfahrenskostenhilfe?
Rz. 223
In der Vergangenheit wurde teilweise vertreten, dass bereits durch die die Übersendung eines VKH-Antrages Rechtshängigkeit eintritt. Durch die Fassung des § 238 Abs. 3 S. 1 FamFG ist jetzt klargestellt, dass die Zeitschranke nicht durch ein vorangegangenes Verfahrenskostenhilfeverfahren oder die bloße Einreichung der Antragsschrift bei Gericht ausgelöst wird.
Empfohlen wird in diesem Zusammenhang, die sofortige Zustellung vor Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses zu beantragen. Die Pflicht zur Zahlung eines Gerichtskostenvorschusses besteht nicht, wenn
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glaubhaft gemacht wird, dass dem Antragsteller die alsbaldige Zahlung der Kosten mit Rücksicht auf seine Vermögenslage oder aus sonstigen Gründen Schwierigkeiten bereiten würde (§ 15 Nr. 3a FamGKG) oder |
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glaubhaft gemacht wird, dass eine Verzögerung dem Antragsteller einen nicht oder nur schwer zu ersetzenden Schaden bringen würde; zur Glaubhaftmachung genügt in diesem Fall die Erklärung des zum Verfahrensbevollmächtigten bestellten Rechtsanwalts (§ 15 Nr. 3b FamGKG). |
Rz. 224
Zu bedenken ist dabei aber, dass durch die – sofortige – Zustellung auch Rechtshängigkeit eintritt und Kosten ausgelöst werden. Wird später Verfahrenskostenhilfe nicht oder nur in geringerem Umfang bewilligt, wird der Antragsteller mit diesen Kosten belastet.
Rz. 225
Der Zugang eines bezifferten (höheren) Zahlungsantrages im Rahmen eines gerichtlichen Verfahrens setzt den Antragsgegner jedoch immer bereits schon nach den allgemeinen Regelungen (§ 286 Abs. 1 S. 1 BGB) in Verzug. Dazu genügt ein korrektes Auskunftsverlangen (vgl. § 1613 BGB).
bb) Verweigerung der VKH bei fehlender vorgerichtlicher Aufforderung zur Herabsetzung?
Rz. 226
Eine Reihe von Obergerichten bewilligt nur dann Verfahrenskostenhilfe für ein Abänderungsbegehren auf Herabsetzung des Unterhaltes, wenn ein außergerichtlicher Abänderungsversuch erfolglos durchgeführt worden ist. Dazu einige Entscheidungen verschiedener Oberlandesgerichte:
Rz. 227
Zitat
OLG Hamburg, Beschl. v. 5.12.2012 – 7 WF 117/12
Es ist mutwillig im Sinne von §§ 76 Abs. 1 FamFG, 114 Satz 1 ZPO, wenn der Unterhaltsschuldner Verfahrenskostenhilfe für einen Antrag auf Herabsetzung des Unterhalts nach § 240 FamFG erstrebt, nachdem der Unterhaltsgläubiger ihm mitgeteilt hat, künftig nur noch den reduzierten Unterhalt zu verlangen.
Für ein Verzichtsverlangen im Sinne von § 240 Abs. 2 Satz 3 FamFG (bzw. § 238 Abs. 3 Satz 3 FamFG) genügt eine Mitteilung des Unterhaltsschuldners an den Unterhaltsgläubiger, in der der Unterhaltsschuldner schlüssig darlegt, dass nunmehr nur noch ein geringerer Unterhalt geschuldet sei, und den Unterhaltsgläubiger ernsthaft zu der Erklärung auffordert, die Herabsetzung des Unterhalts zu akzeptieren. Die Vorlage von Belegen dafür, dass das Herabsetzungsverlangen begründet sei, ist nicht erforderlich.
Das Verzichtsverlangen soll nach der Konzeption des Gesetzgebers "spiegelbildlich" einer Mahnung entsprechen und im Sinne einer "negativen Mahnung" die an den Unterhaltsgläubiger gerichtete Aufforderung bilden, teilweise oder vollständig auf den titulierten Unterhalt zu verzichten. Diesen Anforderungen genügt eine Mitteilung des Unterhaltsschuldners an den Unterhaltsgläubiger, in der der Unterhaltsschuldner schlüssig darlegt, dass nunmehr nur noch ein geringerer Unterhalt geschuldet sei, und den Unterhaltsgläubiger ernsthaft zu der Erklärung auffordert, die Herabsetzung des Unterhalts zu akzeptieren. Die Vorlage von Belegen dafür, dass das Herabsetzungsverlangen begründet sei, ist dafür ebenso wenig erforderlich wie bei einer auf die Zahlung eines erhöhten Unterhalts gerichteten Mahnung, für die die Konkretisierung der Forderung und ihre schlüssige Darlegung ebenfalls ausreicht (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 27.5.1994 – 11 UF 393/92, FamRZ 1995, 106 f., 107).
Rz. 228
Zitat
OLG München, Beschl. v. 29.9.2010 – 33 WF 1567/10
Keine Verfahrenskostenhilfe für Abänderungsverfahren bei fehlendem außergerichtlichem Abänderungsversuch.
Verfahrenskostenhilfe ist wegen Mutwilligkeit zu verweigern, wenn der Unterhaltsschuldner es versäumt hat, den Unterhaltsgläubiger zur zumindest teilweisen Herabsetzung seiner titulierten Verpflichtung durch einen Vollstreckungsverzichts zu erreichen.
Rz. 229
Zitat
OLG Oldenburg, Beschl. v. 15.2.2011 – 14 UF 213/10
Ein Unterhaltsgläubiger gibt noch keinen Anlass zur Einleitung eines Abänderungsverfahrens, wenn er sich mit der – vorübergehenden – Herabsetzung des titulierten Betrages einverstanden erklärt. Besteht der Unterhaltsschuldner gleichwohl auf einer Änderung des Titels, muss er den Gläubiger vor der Inanspruchnahme gerichtlicher Hilfe auffordern, an einer Anpassung des Titels mitzuwirken. Anderenfalls sind ihm bei einem sofortigen Anerkenntnis die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen.
Rz. 230