Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 344
Da die Verwirkung bereits nach einem Jahr, die Verjährung aber frühestens nach drei Jahren eintreten kann, ist zunächst die – von Amts wegen zu beachtende – rechtsvernichtende Einwendung der Verwirkung zu prüfen, bevor die – geltend zu machende – Einrede der Verjährung greifen kann.
Rz. 345
Zu unterscheiden ist dabei zwischen
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titulierten und nicht titulierten Ansprüchen |
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laufendem Unterhalt und Unterhaltsrückständen. |
I. Nicht titulierte Unterhaltsansprüche
Rz. 346
Unterhaltsansprüche unterliegen aus Gründen des Schuldnerschutzes der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren gem. § 195 BGB.
Die Verjährungsfrist beginnt gem. § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist. Der Unterhaltsberechtigte kann daher im günstigsten Fall für vier Jahre seine Ansprüche auf rückständigen Unterhalt verfolgen, ehe ihm der Unterhaltspflichtige mit Erfolg die Verjährungseinrede entgegenhalten kann.
Der Ablauf der Verjährungsfrist ist gehemmt für Trennungsunterhaltsansprüche bis zur rechtskräftigen Scheidung und für Kindesunterhaltsansprüche bis zum Eintritt der Volljährigkeit gem. § 207 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 2 Nr. 2 BGB.
II. Titulierte Unterhaltsansprüche
Rz. 347
Bei tituliertem Unterhalt ist zwischen dem laufendem Unterhalt und den Unterhaltsrückständen zu differenzieren.
Sowohl rechtskräftig festgestellte Ansprüche aus gerichtlichen Entscheidungen als auch Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden unterliegen der 30-jährigen Vollstreckungsverjährungsfrist gem. § 197 Abs. 1 Nr. 3 und 4 BGB.
Bei Unterhaltsansprüchen ist gem. § 197 Abs. 2 BGB zu unterscheiden. Im Beschluss oder in Urkunden bzw. Vergleichen festgestellte rückständige Unterhaltsansprüche verjähren nach 30 Jahren, während künftig fällig werdende titulierte Ansprüche erneut der regelmäßigen (kurzen) Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegen. Stichtag ist dabei der jeweilige Titel. Die kurze Verjährung gilt damit auch für Unterhaltsansprüche, die nach der Titulierung fällig werden und im Zeitpunkt der Vollstreckung bereits zu den Rückständen zählen.
1. Künftig fällig werdender Unterhalt
Rz. 348
Der Begriff des künftig fällig werdenden Unterhalts unterscheidet sich vom Begriff des laufenden Unterhalts. Die Abgrenzung zum rückständigen Unterhalt erfolgt nicht mit Ablauf des Monats der Rechtshängigkeit gem. § 1613 Abs. 1 BGB. Stattdessen wird die Zäsur zwischen rückständigen und künftig fällig werdenden Leistungen i.S.d. § 197 Abs. 2 BGB mit Ablauf des Monats der Rechtskraft der gerichtlichen Entscheidung bzw. des Abschlusses des Vergleichs oder des Datums der Urkunde gezogen.
Folglich unterliegen auch die im Beschluss als laufender Unterhalt bezeichneten Beträge bis zum Monat der Rechtskraft der dreißigjährigen Verjährungsfrist.
2. Maßnahmen zur Unterbrechung der Verjährung
Rz. 349
Schutz vor der drohenden (kurzen) Verjährung bietet neben der Hemmung der Verjährungsfrist nach § 207 Abs. 1 S. 1 bzw. S. 2 Nr. 2 BGB (siehe oben Rdn 340) auch die Norm des § 212 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Danach beginnt die Verjährungsfrist mit jedem Antrag auf eine gerichtliche Vollstreckungshandlung neu zu laufen.