Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 251
Verzug kann auch durch Mahnung eingetreten sein. § 286 Abs. 1 S. 1 BGB setzt eine wirksame Mahnung des Unterhaltsberechtigten nach Fälligkeit voraus. Die Verpflichtung zur Unterhaltsleistung und dessen Fälligkeit ergeben sich unmittelbar aus dem Gesetz. Daher liegt in der Aufforderung zur Zahlung eines konkreten Unterhaltbetrages ab einem bestimmten Zeitpunkt mit der Konkretisierung des gesetzlichen Anspruchs bereits die Mahnung nach Fälligkeit. Die Mahnung muss nicht laufend wiederholt werden.
Hinsichtlich des Adressaten der Zahlungsaufforderung und des Zugangs gelten die gleichen Grundsätze wie beim Auskunftsverlangen (siehe oben Rdn 247).
1. Inhalt der Mahnung
Rz. 252
Die verzugsbegründende Mahnung muss
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die den Anspruch stellende Person, |
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aber auch die geschuldete Leistung nach Umfang und Höhe |
genau bezeichnen.
Rz. 253
Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben, wenn der Gläubiger für die Zukunft zwar monatliche Unterhaltsansprüche der Höhe nach beziffert, aber keinen näheren Zeitpunkt benennt, ab dem er ihre Zahlung fordert. Etwas anders gilt nur dann, wenn sich aus dem sonstigen Inhalt des Aufforderungsschreibens ein konkreter Zahlungsbeginn (z.B. ab Zugang des Schreibens oder ab dem ersten Tag des nächsten Monats) hinreichend deutlich entnehmen lässt. Dabei kann auch bei einer bezifferten Unterhaltsforderung der Unterhalt rückwirkend auf den Ersten des Monats verlangt werden, in dem das Aufforderungsschreiben zugeht (§ 1613 Abs. 1 S. 2 i.V.m. § 1613 Abs. 1 S. 1 BGB).
Rz. 254
Im notwendigen Inhalt einer Mahnung sind in der Praxis folgende weitere Gesichtspunkte relevant:
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Bei einer bezifferten Zahlungsaufforderung muss dem Verpflichteten auch die Bedürftigkeit des Berechtigten mitgeteilt werden, so dass der Berechtigte seine wirtschaftlichen Verhältnisse darlegen muss. Denn nur so wird dem Schuldnerschutz als tragender Säule des Verzuges ausreichend Rechnung getragen und der Unterhaltsschuldner in die Lage versetzt, seine Zahlungsverpflichtung auch überprüfen und aus seiner Sicht nachrechnen zu können. Andernfalls kann das Verschulden des Schuldners (§ 286 IV BGB) fehlen. |
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Bezieht der Unterhaltsberechtigte also eigenes Einkommen, welches zur Bestimmung der Unterhaltshöhe von Bedeutung ist, gerät der Unterhaltspflichtige nur dann in Verzug, wenn ihm vor oder mit der Mahnung das Einkommen mitgeteilt wird, es sei denn, ihm ist die Höhe des Einkommens bereits bekannt. |
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Im Grundsatz ist eine Bezifferung des Endbetrags in der Mahnung erforderlich.
- Nicht ausreichend ist in aller Regel, etwa nur das Alter eines Kindes und das maßgebliche Einkommen mitzuteilen und auf Tabellensätze zu verweisen, aus denen sich der Unterhaltspflichtige – ggf. mit fachkundiger Hilfe – den geschuldeten Unterhalt selbst errechnen kann. Es genügt also nicht, wenn z.B. nur Kindesunterhalt "entsprechend der Düsseldorfer Tabelle" oder Zahlung "des dem Einkommen entsprechenden Unterhalts" begehrt wird.
- Eine unbezifferte Mahnung kann ausnahmsweise dann ausreichend sein, wenn nach dem Inhalt der Mahnung und den gesamten Umständen für den Unterhaltspflichtigen klar ist, welchen konkreten Unterhaltsbetrag der Unterhaltsberechtigte von ihm fordert.
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Bei einer Mehrheit von Gläubigern – z.B. mehreren Kindern oder Ehefrau und Kind – muss bereits in der Mahnung der für jeden Unterhaltsberechtigten beanspruchte Unterhaltsbetrag beziffert werden.
- Bei späterer, anderweitiger Aufteilung auf die einzelnen Gläubiger fehlt es deshalb am Verzug hinsichtlich des geänderten Betrages.
- Daher sollte hier besser mit einem Auskunftsverlangen gem. § 1613 BGB vorgegangen werden, da auf diese Weise Verzug in Höhe des (später gerichtlich festgelegten) tatsächlich geschuldeten Betrages eintritt.
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2. Form der Mahnung
Rz. 255
Die Mahnung ist an keine spezielle Form gebunden, kann also auch mündlich erfolgen, ist dann allerdings nur schwer nachzuweisen.
3. Rechtsfolgen der wirksamen Mahnung
Rz. 256
Verzug nach § 286 Abs. 1 Satz 1 BGB tritt nur ein in genau der Höhe des geforderten Betrags. Stellt sich später heraus, dass eine höhere Unterhaltsforderung bestanden hat, kann diese erst von dem Zeitpunkt an durchgesetzt werden, an dem der Unterhaltspflichtige eine genau bezifferte Zahlungsaufforderung in dieser Höhe erhalten hat und auf diese Weise mit dem erhöhten Betrag in Verzug gesetzt worden ist.
Rz. 257
Praxistipp
Der Verzug tritt wegen § 1613 Abs. 1 Satz 2 BGB auch hier bereits rückwirkend auf den Monatsersten ein (anders nach allgemeinen Regeln erst ab Zugang der Mahnung). Eine Quotelung nach einzelnen Tagen ist ...