Dr. iur. Wolfram Viefhues
Rz. 13
Für die Ehebedingtheit des – konkret festgestellten – Nachteils ist erforderlich, dass die Umstände, die zu dem unterschiedlichen Einkommen führen, Folgen des konkreten Lebenszuschnitts der Ehegatten während der geschiedenen Ehe sind. Unter einem ehebedingten Nachteil sind also vornehmlich Einbußen zu verstehen, die – streng kausal – sich aus der Rollenverteilung in der Ehe ergeben, nicht dagegen solche, die aufgrund sonstiger persönlicher Umstände oder schicksalhafter Entwicklungen eingetreten sind.
Kein ehebedingter Nachteil ist folglich der Verlust des Unterhaltsanspruchs aus einer früheren Ehe.
Rz. 14
Praxistipp
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Hier sind auch im Familienrecht genaue Kausalitätsüberlegungen anzustellen, die man sonst nur aus Schadensersatzprozessen gewohnt ist. |
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Abzustellen ist auf das – fiktive – Leben einer erwerbstätigen, ledigen und kinderlosen Frau. Die tatsächlich gelebte Ehe mit ihren konkreten Lebensumständen muss dagegen weggedacht werden. |
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Damit spielt hier auch der eheliche Lebensstandard, der vom höheren Einkommen des Ehemannes abgeleitet ist, keine Rolle! |
Rz. 15
Grundsätzlich ausgeschlossen sind damit auch solche Umstände, die vor der Heirat bereits eingetreten sind. Ein ehebedingter Nachteil kann sich dann aber aus der Fortsetzung der vorehelichen Rollenverteilung in der Ehe und dem damit verbundenen Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit ergeben. Diese Zeit der Ehe umfasst den Zeitraum von der Eheschließung bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrages. Damit scheiden Umstände aus der Zeit vor der Heirat aus.
Zitat
OLG Koblenz, Beschl. v. 15.9.2015 – 11 UF 247/15
Eine Arbeitsplatzaufgabe oder ein Arbeitsplatzwechsel begründen für sich genommen keinen ehebedingten Nachteil, wenn sie geraume Zeit vor der Eheschließung erfolgt sind. Ein ehebedingter Nachteil kann sich dann aber aus der Fortsetzung der Rollenverteilung in der Ehe und dem damit verbundenen Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit ergeben.
Auch die Betreuung gemeinsamer Kinder vor der Heirat kann keinen ehebedingten Nachteil begründen.
Ebenso scheiden Umstände aus, die erst nach der Scheidung eintreten, es sei denn, es bestehen mittelbare Auswirkungen der Verhältnisse während der Ehe.
Zitat
Nach der Rechtsprechung des Senats begründen allerdings eine Arbeitsplatzaufgabe oder ein Arbeitsplatzwechsel keinen ehebedingten Nachteil, wenn sie geraume Zeit vor der Eheschließung erfolgt sind (vgl. Senatsurteile vom 7.3.2012 – XII ZR 25/10, FamRZ 2012, 776 Rn 19 und vom 20.2.2013 – XII ZR 148/10 jeweils m.w.N.). Ein ehebedingter Nachteil kann sich dann aber aus der Fortsetzung der Rollenverteilung in der Ehe und dem damit verbundenen Verzicht auf eine Erwerbstätigkeit ergeben (vgl. Senatsurteile v. 7.3.2012 – XII ZR 25/10, FamRZ 2012, 776 Rn 19 und vom 20.2.2013 – XII ZR 148/10 jeweils m.w.N.).
Ehebedingter Nachteil bei Aufgabe der Erwerbstätigkeit
Ein ehebedingter Nachteil im Sinne des § 1578b BGB liegt nicht nur vor, wenn der unterhaltsberechtigte Ehegatte ehebedingt von der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit absieht oder eine bereits ausgeübte Erwerbstätigkeit aufgibt, sondern auch dann, wenn er ehebedingt seinen Arbeitsplatz wechselt und dadurch Nachteile erleidet.
Ein Nachteil ist nur dann nicht ehebedingt, wenn die Ehegestaltung für den Erwerbsnachteil nicht ursächlich geworden ist. Das wäre der Fall, wenn der Unterhaltsberechtigte seinen Arbeitsplatz ausschließlich aus Gründen aufgegeben oder verloren hätte, die außerhalb der Ehegestaltung liegen, so etwa aufgrund einer von ihm persönlich beschlossenen beruflichen Neuorientierung oder wegen einer betriebs- oder krankheitsbedingten Kündigung seitens des Arbeitgebers (vgl. BGH v. 16.2.2011 – XII ZR 108/09, FamRZ 2011, 628 Rn 22).
Das Beschwerdegericht habe in, aus Rechtsgründen nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, dass die Ehefrau ihrer sekundären Darlegungslast gerecht geworden ist und dabei maßgeblich auf ihren Vortrag abgestellt, wonach sie einen wohnortnahen Arbeitsplatz habe aufnehmen wollen, um ihre Erwerbstätigkeit besser mit der Betreuung des nunmehr schulpflichtigen Kindes vereinbaren zu können.
1. Bei einem betriebsbedingten und damit nicht ehebedingten Verlust des Arbeitsplatzes kann sich ein ehebedingter Nachteil auch daraus ergeben, dass sich der unterhaltsberechtigte Ehegatte mit Rücksicht auf die Ehe und die übernommene oder fortgeführte Rollenverteilung zunächst nur in einem eingeschränkten Radius und später gar nicht mehr um eine seiner beruflichen Qualifikation und Fähigkeiten entsprechenden Stelle bewirbt (im Anschluss an BGH, 7.3.2012 – XII ZR 25/10, FamRZ 2012, 776 und vom 20.2.2013 – XII ZR 148/10, FamRZ 2013, 860).
2. Auch in einem solchen Fall hat der Unterhaltsberechtigte im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast die Behauptung, es seien keine ehebedingten Nachteile entstanden, substantiiert zu bestreite...