Rz. 15

Im Vergleich zu ihren Vorteilen werden die Nachteile der zeitbezogenen Vergütung regelmäßig überbewertet. Vielfach wird es für unzumutbar gehalten, dass ein Testamentsvollstrecker eine Zeiterfassung führt. Nach der hier vertretenen Auffassung, dass die Zeitvergütung eine gleichberechtigt neben den Wertvergütungen stehende Methodik der Angemessenheitsbestimmung nach § 2221 BGB darstellt, handelt es sich lediglich um ein Scheinproblem. Der Testamentsvollstrecker, der keine Zeiterfassung führen möchte, hat nach wie vor die Möglichkeit, seine Vergütung nach den herkömmlichen Tabellenmodellen zu berechnen. Überdies lassen die Einwendungen gegen das Führen von Zeiterfassungen in dem Umfang nach, wie sich dieses Modell etabliert und es hierfür geeignete elektronische Erfassungsmöglichkeiten gibt.[23] Die Entwicklung der Zeitvergütung bei der Abrechnung von Rechtsanwälten hat dies nachdrücklich gezeigt.

 

Rz. 16

Da die Abrechnung des Testamentsvollstreckers in jedem Falle gerichtlich überprüfbar ist, lassen sich auch allzu langsam arbeitende Testamentsvollstrecker dadurch disziplinieren, dass die Frage der Erforderlichkeit ihrer Tätigkeit überprüft werden kann. Im Bereich anwaltlicher Vergütungsvereinbarungen ist dies längst Praxis,[24] auch die Schweizer Gerichte haben mit einer entsprechenden Überprüfung keine Probleme.

 

Rz. 17

Auch bei einer zeitbezogenen Vergütung des Testamentsvollstreckers kann eine angemessene Relation zum Nachlasswert gewahrt bleiben. Dabei wird oftmals eine Obergrenze von 12 % des Brutto-Nachlasswertes zur Begrenzung von stundenbezogenen Abrechnungen genannt, jedenfalls soweit es sich nicht um Dauervollstreckungen handelt. Ob diese Begrenzung wirklich sachgerecht ist, erscheint fraglich. Nach diesseitiger Auffassung muss eine pauschale Deckelung der nach Stunden bemessenen Testamentsvollstreckervergütung, jedenfalls dann, wenn sie durch den Erblasser angeordnet wurde, in der letztwilligen Verfügung zumindest einen erkennbaren Anklang gefunden haben. Darüber hinaus widerspricht eine starre Obergrenze dem Wesen der Zeitvergütung, die sich gerade von Pauschalen lösen will. Der Einzelfall muss daher immer berücksichtigt werden. Ist der erhöhte Stundenaufwand beispielsweise darauf zurückzuführen, dass die Erben sich in besonderem Maße als streitlustig erweisen, wird man sich an einer solchen Obergrenze nicht sklavisch festhalten dürfen.

[23] AG Waldkirch Urt. v. 4.8.2021 – 1 C 214/20.
[24] OLG Düsseldorf, Beschl. v. 8.1.2019 – 24 U 84/18 mit Hinweisen zur Darlegungs- und Beweislast für unangemessenes Aufblähen des Zeitaufwandes.

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