Burkhard Engler, Frank-Michael Goebel
Rz. 32
Das Vermögen des Schuldners als seine Haftungsgrundlage und zugleich Vollstreckungsobjekt besteht nicht nur aus:
sondern auch aus einer Fülle von anderen "Vermögenswerten", deren Zuordnung immer wieder neue Schwierigkeiten bereiten kann. Hier setzt die Vorschrift des § 857 ZPO an und regelt "die Zwangsvollstreckung in andere Vermögensrechte, die nicht Gegenstand der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen sind", indem sie die Vorschriften über die Zwangsvollstreckung in Forderungen (§§ 829 ff. ZPO) für entsprechend anwendbar erklärt (§ 857 Abs. 1 ZPO).
Rz. 33
Als Vermögensrechte im Sinne der Vorschrift sind diejenigen Rechte anzusehen, die einen Vermögenswert dergestalt verkörpern, dass ihre Verwertung im Rahmen der Zwangsvollstreckung zu einer Befriedigung des Geldanspruchs des Gläubigers führen kann. Daraus folgt, dass ein Zugriff auf alle "Nichtvermögensrechte" des Schuldners ausgeschlossen ist.
Rz. 34
Checkliste: Andere Vermögensrechte
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Anwartschaftsrecht |
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Bezugsrecht des Aktionärs |
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Dauerwohnrecht (§ 31 WEG) |
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Nießbrauchsrecht, soweit es einem anderen überlassen werden darf |
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Anteil an dem Gesellschaftsvermögen einer GbR, einer OHG, einer KG und einer stillen Gesellschaft |
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Geschäftsanteile an einer GmbH |
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Miterbenanteil |
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Marken |
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Lizenzen |
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Grundpfandrechte, insbesondere auch Recht aus einer Eigentümergrundschuld |
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Nutzungsrecht des Leasingnehmers |
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Patentrechte |
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Rechte aus Wertpapierverwahrung |
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Urheberrechte |
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Internetdomains |
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Milchquoten eines Landwirtes |
Rz. 35
Nicht zu den Vermögensrechten zählen die allgemeinen und besonderen Persönlichkeitsrechte (Namensrechte, Recht auf informationelle Selbstbestimmung pp.), die personenbezogenen familienrechtlichen Rechte und Ansprüche (Recht der elterlichen Sorge pp.), insbesondere auch nicht das Recht auf Annahme der Erbschaft, oder auch Ansprüche auf höchstpersönliche Dienstleistungen.
Rz. 36
Nicht nach der Vorschrift selbstständig pfändbar sind die Nebenrechte, wie das akzessorische Pfandrecht an beweglichen Sachen, die Hypothek oder der Anspruch gegen den Bürgen. Es handelt sich hier um sog. unselbstständige Rechte, die nicht losgelöst von dem Recht, dessen Schicksal sie teilen, geltend gemacht werden können. Gleiches gilt für die Informationsrechte eines Gesellschafters gegenüber der GmbH nach § 51a GmbHG.
Rz. 37
Das gilt auch für die Ansprüche auf Auskunft, Rechnungslegung und Grundbuchberichtigung sowie für die aus einer Rechtsstellung fließenden Gestaltungsrechte, z.B. Anfechtungs- und Kündigungsrechte.
Rz. 38
Bedeutsam ist, dass die genannten unselbstständigen und an sich nicht pfändbaren Rechte jedoch Gegenstand einer Hilfspfändung sein können, soweit dies zur Pfändung und Verwertung des Hauptrechts notwendig ist.
Rz. 39
Schließlich muss das zu pfändende Recht dem Gebiet des Privatrechts angehören. Öffentliche Rechte und prozessuale Befugnisse sind nicht pfändbar. So ist z.B. die öffentlich-rechtliche Arzneimittelzulassung nicht selbstständig, sondern nur zusammen mit der zivilrechtlichen Befugnis pfändbar, die es gestattet, das Arzneimittel in den Verkehr zu bringen.