Burkhard Engler, Frank-Michael Goebel
Rz. 159
Bis zum Wirksamwerden der Pfändung durch die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner kann im Einzelfall wertvolle Zeit vergehen. Verzögerungen können durch Wartefristen (§§ 750 Abs. 3, 798 ZPO) entstehen, die es zu verhindern gilt.
Rz. 160
Hinweis
Auch wenn etwa Steuererstattungsansprüche gepfändet werden sollen, die nach § 46 Abs. 6 AO erst nach dem Entstehen des Anspruchs und damit ab dem Ersten des auf das Steuerjahr folgenden Jahres gepfändet werden können, kann eine Vorpfändung erforderlich sein, um nicht anderen Gläubigern den Vorrang (§ 804 Abs. 3 ZPO) lassen zu müssen.
Rz. 161
Es drohen deshalb zumindest Rangverluste. Deshalb gibt das Gesetz dem Gläubiger die Möglichkeit, im Wege der Vorpfändung – auch vorläufiges Zahlungsverbot genannt – eine Forderung zeitweise und vorläufig zu beschlagnahmen. Diese Möglichkeit sollte stets in Erwägung gezogen werden, da der Rang ohne großen Aufwand in einer Vielzahl von Fällen gesichert werden kann.
Rz. 162
Tipp
Wird in dieser Weise bei der Kontopfändung vorgegangen, zeigt die Praxis, dass der Schuldner auf die Kontosperre nach der Vorpfändung unmittelbar reagiert und zur Freigabe des Kontos eine Ratenzahlungsvereinbarung geschlossen werden kann, mit der der Schuldner die Vollstreckungsforderung sukzessive begleicht. Um dem Sicherungsinteresse des Gläubigers Rechnung zu tragen, muss der Schuldner aber zugleich verpflichtet werden, die Forderung aus dem Kontokorrentverhältnis dem dies annehmenden Gläubiger zur Sicherheit schriftlich abzutreten.
Rz. 163
Eine Vorpfändung nach §§ 802a Abs. 2 Nr. 5, 845 ZPO kommt nur im Rahmen der Zwangsvollstreckung wegen Geldforderungen in Geldforderungen (§§ 829 ff. ZPO), in Ansprüche auf Herausgabe von Sachen (§§ 846 ff. ZPO) und in sonstige Vermögenswerte (§ 857 ZPO) in Betracht, soweit die Forderungen und Rechte nicht der Zwangsvollstreckung in das unbewegliche Vermögen oder der durch den Gerichtsvollzieher (§ 831 ZPO) unterliegen.
Rz. 164
Die Wirkung des § 845 Abs. 2 ZPO, wonach die Forderung zum Zeitpunkt der Zustellung des Pfändungsbeschlusses als bewirkt gilt, wenn die tatsächliche Pfändung nach § 829 ZPO binnen Monatsfrist erfolgt, tritt auch ein, wenn es sich bei der Zwangsvollstreckung, von deren Bevorstehen der Gläubiger den Schuldner benachrichtigt hat, um eine Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO handelt. Da es für die Anwendung des § 845 ZPO gleich ist, ob die Vollstreckung bereits zu einer endgültigen Befriedigung oder nur zu einer Sicherung des Gläubigers führen soll, sind auch Titel aus Arrest und einstweiliger Verfügung (sog. Leistungs- oder Befriedigungsverfügung) taugliche Titel. In diesen Fällen ist aber die Vollziehungsfrist zu wahren, die nicht durch die Zustellung der Vorpfändung gewahrt wird.