Burkhard Engler, Frank-Michael Goebel
Rz. 132
Der Gläubiger, der nun einmal eine "angebliche Forderung" seines Schuldners gegen den Drittschuldner gepfändet hat, benötigt dringend Informationen darüber, welche Risiken bei dem Versuch der Geltendmachung der Forderung, zu der er nach § 842 ZPO verpflichtet ist, auftreten können. Um dem Rechnung zu tragen, verpflichtet der Gesetzgeber den Drittschuldner auf die wirksame Pfändung eine Drittschuldnererklärung abzugeben, soweit der Gläubiger dies mit der Zustellung verlangt.
Rz. 133
Die Verpflichtung zur Auskunft setzt grundsätzlich die Zustellung des (wirksamen) Pfändungsbeschlusses und die Aufforderung des Gläubigers an den Drittschuldner voraus (§ 840 Abs. 1 und Abs. 2 S. 1 ZPO). Die Verpflichtung zur Abgabe einer Drittschuldnererklärung bei einer Forderungspfändung hängt von der wirksamen Zustellung des Pfändungsbeschlusses, nicht auch des Überweisungsbeschlusses, ab. Die Auskunftspflicht setzt nicht voraus, dass die gepfändete Forderung auch tatsächlich besteht. Sie besteht auch bei der Sicherungsvollstreckung (§ 720a ZPO), der Arrestvollstreckung (§ 930 ZPO), nach Überweisung an Zahlungs statt und nach Einstellung der Zwangsvollstreckung bei Aufrechterhaltung der Pfändung; nicht dagegen bei der Vorpfändung nach § 845 ZPO.
Rz. 134
Die Aufforderung des Gläubigers an den Drittschuldner zur Abgabe der Erklärung nach § 840 ZPO muss bei Zustellung des Pfändungsbeschlusses ergehen und in die Zustellungsurkunde aufgenommen werden. Erforderlich ist die persönliche Zustellung durch den Gerichtsvollzieher; eine solche durch die Post reicht nicht aus, da der Postbote zur Entgegennahme mündlicher Erklärungen nicht befugt ist (§ 840 Abs. 3 ZPO), der Drittschuldner aber nach § 840 Abs. 3 S. 1 ZPO – historisch bedingt – das Recht hat, die Drittschuldnererklärung gegenüber dem Gerichtsvollzieher persönlich abzugeben, ihm gleichsam zu diktieren. Unterbleibt diese Zustellung der Aufforderung zusammen mit der Zustellung des Überweisungsbeschlusses, dann kann sie auch nachträglich durch den Gerichtsvollzieher nachgeholt werden.
Rz. 135
Hinweis
Die Regelung gehört durch den Gesetzgeber beseitigt. Sie hat ihren Ursprung in einer Zeit, in der viele Drittschuldner des Lesens und Schreibens nicht mächtig waren und für die Abgabe den Gerichtsvollzieher als Urkundsbeamten benötigten. Auch sollte der eigentlich unbeteiligte Drittschuldner nicht über Gebühr gezwungen werden, eigene Mittel für die Erstellung der Drittschuldnerauskunft einzusetzen. Beide Überlegungen sind überkommen. Drittschuldnererklärungen werde heute elektronisch erstellt. Die Dienstprogramme der Arbeitgeber und ihrer Dienstleister sehen dies als Standardfunktion vor. Demgegenüber kostet die persönliche Zustellung durch den Gerichtsvollzieher mit 16,25–26,25 EUR nach Nrn. 100, 711, 716 KVGvKostG deutlich mehr als die Zustellung per Post mit derzeit 11,00 EUR nach Nrn. 101, 702, 716 KVGvKostG.
Rz. 136
Die Aufforderung ist dem Drittschuldner grundsätzlich persönlich zuzustellen; wird er nicht angetroffen, ist auch eine Ersatzzustellung möglich. Die Ersatzzustellung des für den Drittschuldner bestimmten Pfändungsbeschlusses durch Übergabe an den Vollstreckungsschuldner, der von dem Gerichtsvollzieher im Geschäftslokal des Drittschuldners angetroffen wird und erklärt, dort beschäftigt zu sein, ist allerdings in entsprechender Anwendung des § 178 Abs. 2 ZPO unwirksam. Allerdings kann dieser Fehler geheilt werden, wenn der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss den Drittschuldner tatsächlich erreicht, § 189 ZPO. Die Wirkung der Zustellung im Sinne des § 829 ZPO tritt allerdings auch erst in diesem Zeitpunkt ein.
Rz. 137
Checkliste: Wer hat die Drittschuldnererklärung abzugeben?
Zur Abgabe der Erklärung ist, bei Vorliegen der Voraussetzungen, verpflichtet:
▪ |
bei Pfändung einer Gesamtschuld oder von Bruchteilen jeder einzelne Drittschuldner; |
▪ |
bei Pfändung von akzessorischen Rechten sowohl der dingliche als auch der persönliche Drittschuldner; |
▪ |
bei Pfändung von Gesamtgutverbindlichkeiten der zur Prozessführung befugte Ehegatte; |
▪ |
bei Pfändung von Forderungen gegen juristische Personen die gesetzlichen Vertreter; |
▪ |
bei Pfändung von Forderungen gegen die GbR, OHG und KG jeder vertretende einzelne Gesellschafter und nicht der Kommanditist bei der KG. |