Burkhard Engler, Frank-Michael Goebel
Rz. 106
Die Pfändung einer Forderung führt zu deren Beschlagnahme (Verstrickung) und begründet für den Gläubiger ein Pfändungspfandrecht. Die Pfändung allein gibt dem Gläubiger allerdings noch nicht die Möglichkeit der Befriedigung; dazu ist zusätzlich eine gerichtliche Verwertungsanordnung, d.h. der Überweisungsbeschluss nach § 835 ZPO erforderlich. Diese beiden Vollstreckungsakte, die in der Praxis – auf einen entsprechenden Antrag hin – zumeist in einem einzigen Beschluss, dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss, ergehen, sind in ihren Rechtswirkungen voneinander zu unterscheiden.
Rz. 107
Hinweis
Allerdings müssen die beiden Anträge auch gesondert gestellt werden können. So ist etwa bei der Sicherungsvollstreckung nach § 720a ZPO und in den Fällen des § 852 ZPO zunächst nur ein Pfändungsbeschluss zulässig bis die weiteren Voraussetzungen für eine Verwertung vorliegen. Das nach der Kritik des BGH neu geschaffene Formular sieht dies vor.
Rz. 108
Bewirkt wird die Verstrickung durch die Zustellung des Pfändungsbeschlusses an den Drittschuldner. Sie endet nicht durch eine Neuorganisation des Drittschuldners, die das Grundverhältnis zwischen dem Schuldner und Drittschuldner unberührt lässt und nicht neu begründet, sondern geht in diesem Fall mit über. Mängel im Pfändungsverfahren stehen der wirksamen Pfändung in der Regel nicht entgegen; sie machen den Vollstreckungsakt anfechtbar, nicht nichtig. Die Beschlagnahme führt zur Sicherstellung der Forderung im Interesse des Vollstreckungsgläubigers durch die Begründung eines staatlichen Herrschaftsverhältnisses. Sie allein entzieht dem Schuldner die Verfügungsbefugnis über die Forderung und ermächtigt – grundsätzlich – zur Verwertung der Forderung durch Überweisung. Eine wirksame Beschlagnahme setzt voraus, dass die gepfändete Forderung des Vollstreckungsschuldners (Gläubiger der Forderung) gegen den Drittschuldner besteht. Die Pfändung einer nicht dem Schuldner zustehenden Forderung, als deren Gläubiger der Schuldner gleichwohl im Pfändungsbeschluss bezeichnet wurde, geht "ins Leere". Sie bewirkt, anders als die Pfändung schuldnerfremder beweglicher Sachen, keine Verstrickung. Ein Pfandrecht an einer künftigen Forderung (Gehaltsanspruch) kann nicht entstehen, solange der Schuldner nicht ihr Inhaber wird.
Rz. 109
Hinweis
Allerdings muss der Gläubiger auf die in § 850h ZPO mit der Lohnverschleierung und Lohnverschiebung angesprochenen Sachverhalte achten. Zu nennen ist etwa der unbegründete Wechsel der Lohnsteuerklasse (siehe hierzu § 8 – Arbeitseinkommen)
Rz. 110
Eine Gehaltspfändung geht daher ins Leere, wenn das Gehalt zuvor abgetreten war.
Rz. 111
Tipp
Auch hier muss der Gläubiger die Mitteilung des Drittschuldners nach § 840 ZPO über die vorrangige Abtretung nicht ohne Weiteres hinnehmen. Vielmehr ist zu prüfen, ob die Abtretung nur in Gläubigerbenachteiligungsabsicht erfolgte und deshalb ggf. nach den §§ 3 ff. AnfG angefochten werden kann.
Rz. 112
Durch die Pfändung erwirbt der Vollstreckungsgläubiger ein Pfändungspfandrecht an der Forderung (§ 804 Abs. 1 ZPO). Die Bedeutung des Pfändungspfandrechts liegt vor allem in der rangwahrenden Wirkung, § 804 Abs. 3 ZPO.
Rz. 113
Die Pfändung ist demnach ohne Wirkung, wenn:
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die Zustellung nach § 829 Abs. 3 ZPO an den Drittschuldner nicht (wirksam) erfolgt ist; HinweisDas ist durchaus auch für den nachpfändenden Gläubiger von Interesse, da er dann im Rang aufrückt. Es kann deshalb sinnvoll sein, die ordnungsgemäße Zustellung durch den vorrangigen Gläubiger im Gläubigerwettstreit zu prüfen. Als Checkliste für mögliche Fehler kann insoweit § 182 ZPO dienen, der aufzeigt, welche Umstände die Zustellungsurkunde bezeugen muss. |
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die Pfändung ins Leere geht, weil die gepfändete Forderung nicht besteht. |
Rz. 114
Die Pfändung ist unwirksam:
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wenn ein Vollstreckungsakt nichtig ist, wofür der BGH einen grundlegenden und schweren Mangel verlangt Beispiele
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Erlass des Pfändungsbeschlusses durch den Gerichtsvollzieher; |
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Verstoß gegen die funktionelle Zuständigkeit |
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wenn der Pfändungsgegenstand nicht bestimmt genug bezeichnet ist; |
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wenn das Drittschuldnerverbot fehlt. |
Rz. 115
Bei Verfahrensverstößen, die nicht die Unwirksamkeit zur Folge haben
Beispiele
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bei fehlender Zustellung des Titels, |
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fehlender Vertretungsmacht eines Bevollmächtigten bei Antragstellung, |
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Verstoß gegen das Pfändungsverbot oder eine Pfändungsbeschränkung, |
ist die Pfändung lediglich anfechtbar.
Rz. 116
Dem Gläubiger sind kraft der Pfändung der Forderung diejenigen Rechtshandlungen erlaubt, die den Zugriff auf die gepfändete Forderung sichern und die Verwertung vorbereiten. Er ist u.a. befugt, auf die Feststellung des Bestehens der gepfändeten Forderung gegen den Drittschuldner zu klagen, bei Gefährdung einen Arrest zu erwirken oder auch den Forderungserwerb Dritter anzufechten. Nicht aber darf er die Forderung ohne eine vorherige Überweisung einziehen.
Rz. 117
Der Schuldner bleibt auch nach der Pfän...