Burkhard Engler, Frank-Michael Goebel
Rz. 191
Die Überweisung zur Einziehung ist der Regelfall der Überweisung, weil sie – im Gegensatz zur Überweisung an Zahlung statt – für den Gläubiger nicht die Tragung des Insolvenzrisikos beim Drittschuldner zur Folge hat. Ist lediglich "Überweisung" der Forderung beantragt, ist der Antrag deshalb dahin auszulegen, dass Überweisung zur Einziehung begehrt wird.
Rz. 192
Hinweis
Die Überweisung an Zahlungs statt wird insbesondere dann in Betracht kommen, wenn der Drittschuldner eine Forderung gegen den Gläubiger hat, so dass nach der Überweisung an Zahlungs statt die Aufrechnung erklärt werden kann.
Rz. 193
Mit der wirksamen Überweisung erwirbt der Gläubiger das Recht, die aus der Forderungsinhaberschaft resultierenden Rechte seines Vollstreckungsschuldners gegenüber dem Drittschuldner im eigenen Namen geltend zu machen. Auch nach der Überweisung zur Einziehung bleibt der Vollstreckungsschuldner materiell-rechtlich Inhaber der Forderung. Der Gläubiger ist ermächtigt, alle Handlungen vorzunehmen, die im Recht des Schuldners begründet und der Befriedigung des Anspruchs dienlich sind. So kann er z.B.:
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eine noch nicht fällige Forderung kündigen, |
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den Drittschuldner durch Mahnung in Verzug setzen, |
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mit der gepfändeten Forderung aufrechnen und eine Leistung an Zahlung statt vereinbaren, |
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einen bereits vom Vollstreckungsschuldner gegen den Drittschuldner erworbenen Titel nach § 727 ZPO auf sich umschreiben lassen, |
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einen Insolvenzantrag stellen, |
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die mit der Forderung zusammenhängenden Nebenrechte geltend machen und |
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die gepfändete Forderung gegen den Drittschuldner einklagen. |
Rz. 194
Das Einziehungsrecht des Gläubigers ist der Höhe nach durch den Betrag der titulierten Forderung begrenzt. Wenn die gepfändete und überwiesene Forderung höher ist als die titulierte, darf der Gläubiger den Spitzenbetrag auch nicht unter dem Vorbehalt der Erstattung an den Schuldner beim Drittschuldner einziehen.
Rz. 195
Nach § 842 ZPO haftet der Gläubiger dem Vollstreckungsschuldner im Falle verzögerter Beitreibung nach Überweisung zur Einziehung. Damit besteht die Pflicht zur zügigen Beitreibung der Forderung, derer sich der Gläubiger allein durch einen Verzicht auf die Rechte aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluss entziehen kann. Insoweit bleibt seine Ermächtigung zur Beitreibung nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht.
Rz. 196
Hinweis
Insbesondere bei der Lohnpfändung muss beachtet werden, dass vielfach arbeits- oder tarifvertragliche Ausschlussfristen für die Geltendmachung von Arbeitslohn bestehen, die zum Teil nur wenige Wochen oder Monate betragen.