Dr. iur. Berthold Hilderink
Rz. 17
Nach § 26 Abs. 1 S. 1 Var.1 BDSG ist die Verarbeitung personenbezogener Daten zulässig, wenn dies für die Entscheidung über die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses erforderlich ist. Die Regelung entspricht insoweit § 32 Abs. 1 S. 1 BDSG a.F., den sie fortführen soll, sodass auch auf die dazu ergangene Rechtsprechung Bezug genommen werden kann.
Vor Begründung des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitgeber die Daten des Bewerbers erheben, die er für die Entscheidung über die Begründung des Beschäftigungsverhältnisses benötigt. Einzelheiten können von der Form des Auswahlverfahrens (die der Arbeitgeber im Rahmen seiner unternehmerischen Freiheit grundsätzlich selbst bestimmt) und der zu besetzenden Stelle abhängen.
Zu den personenbezogenen Daten, die für die Entscheidung über die Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses erforderlich sind, gehören beispielsweise der Name, die Anschrift, die Telefonnummer und die E-Mail-Adresse des Bewerbers, da diese die Zuordnung der Bewerbungsunterlagen zu einem Bewerber ermöglichen und zur Kontaktaufnahme (Korrespondenz, Versand von Unterlagen, Vereinbarung von Terminen, kurzfristige Absprachen) unerlässlich sind.
Für die Einstellungsentscheidung sind aber auch personenbezogene Daten über die fachliche Qualifikation und die persönliche Eignung der Bewerber für die vorgesehenen Tätigkeiten erforderlich. Personenbezogene Daten zur fachlichen Qualifikation betreffen fachliche Fähigkeiten, Kenntnisse und Erfahrungen. Diese beinhalten beispielsweise die Schul- und Hochschulausbildung, Berufsausbildung und Fortbildungen, etwaige Sprachkenntnisse und Auslandsaufenthalte sowie Angaben über bisherige Arbeitgeber und berufliche Tätigkeiten. Zur persönlichen Eignung gehören Fähigkeiten im Umgang mit anderen Mitarbeitern und mit Kunden, sog. soft skills, beispielweise Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit, Kritikfähigkeit und Freundlichkeit.
Problematisch kann die Anforderung oder Anfertigung von Lichtbildern sein. Sie ist zulässig, wenn das Aussehen des Bewerbers Berufsqualifikation ist. Dies dürfte aber auf die meisten Fälle nicht zutreffen. Das Geburtsdatum ist i.d.R. keine berufliche Qualifikation, kann aber im Einzelfall aus anderen Gründen, z.B. zur Identifizierung des Bewerbers, erforderlich sein. Auch eine Frage nach dem Alter ist regelmäßig nicht erforderlich.
Unzulässig sind regelmäßig auch Fragen nach den weiteren Diskriminierungsmerkmalen i.S.d. AGG, etwa der Religion, der sexuellen Identität oder einer Behinderung.
Rz. 18
Im Zusammenhang mit der Begründung von Arbeitsverhältnissen kommt dem sog. Fragerecht des Arbeitgebers eine wesentliche Bedeutung zu (zu zulässigen Fragen vgl. im Einzelnen § 6 Rdn 2 ff.). Die Rechtsprechung hat losgelöst vom BDSG aus zivilrechtlichen Grundsätzen (heute §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2, 242 BGB) Grenzen des "Fragerechts" entwickelt. Das "Fragerecht" des Arbeitgebers ist nach Maßgabe des Art. 6 DSGVO, § 26 BDSG zu beurteilen. Ein außerhalb der Regularien des Datenschutzrechts anzunehmendes "allgemeines Fragerecht" des Arbeitgebers kann es wegen des grundsätzlichen Informationserhebungsverbot des Art. 6 DSGVO daher nicht geben (Riesenhuber, NZA 2012, 771 ff.; zust. Franzen, NZA 2013, 1, 2; Kania/Sansone, NZA 2012, 360; lediglich verbal am Fragerecht festhaltend BAG NZA 2014, 1131, Rn 29 ff., 37 ff.; wohl a.M. Kühling/Buchner/Maschmann, Rn 29). Auch im Rahmen eines Bewerbungsverfahrens gilt der Grundsatz der Erforderlichkeit für jede Verarbeitung personenbezogener Daten. Daher ist es dogmatisch strenggenommen fehlgehend, nach der Reichweite des "Fragerechts" zu fragen. Datenschutzrechtlich richtig wäre es umgekehrt, einen rechtmäßigen Grund für jede Verarbeitung, insbesondere Erhebung personenbezogener Daten im Bewerbungsverfahren zu verlangen.
Rz. 19
Der oft verwendete Begriff "anonymisierte Bewerbungen" ist irreführend. In der Regel sind pseudonymisierte Bewerbungen gemeint, bei denen Name und Adresse der Bewerber aus den Bewerbungen nicht ersichtlich sind, eine Zuordnung jedoch weiterhin möglich ist, wobei in den Bewerbungsunterlagen zudem üblicherweise auch auf die Angabe des Geschlechts, des Geburtsdatums, des Familienstands, der Herkunft sowie ein Lichtbild verzichtet wird. Hierdurch ist es u.a. auch möglich, die ethnische Herkunft nicht offen zu legen.
Pseudonymisierte Bewerbungen verfolgen das primäre Ziel, Diskriminierungen zu vermeiden und können sich daher als sinnvoll erweisen (Informationen zu einem Pilotprojekt der Antidiskriminierungsstelle des Bundes finden sich unter http://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/Projekte_ADS/anonymisierte_bewerbungen/anonymisierte_bewerbungen_node.html).
Pseudonymisierte Bewerbungen dienen gleichzeitig dazu, dem Grundsatz der Datensparsamkeit zu genügen. Gleichzeitig können sie Recherchen zur Person des Bewerbers im Internet, insbesondere in sozialen Netzwerken, verhindern (vgl. Der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, Pressemitteilung Nr. 33/2010 v. 5.8.2010, zugänglich...