Dr. iur. Berthold Hilderink
I. Ziel der Datenschutz-Grundverordnung
Rz. 1
Seit dem 25.5.2018 gilt europaweit die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Ziel der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) vom 27.4.2016 ist es, ein gleichwertiges Schutzniveau bei der Verarbeitung von personenbezogenen Daten in allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union herzustellen (Erwägungsgrund 10). Der DSGVO kommt gegenüber nationalen Regelungen ein Anwendungsvorrang zu. Seit dem 25.5.2018 verdrängt die DSGVO die nationalen Datenschutzgesetze der EU-Mitgliedstaaten. Erwägungsgrund 8 der DSGVO stellt klar, dass den Mitgliedstaaten nationale Regelungen nicht verwehrt sind, solange der Vorrang beachtet wird, der nach Art. 288 Abs. 2 AEUV einer EU-Verordnung zukommt.
II. Regelungen zum Beschäftigtendatenschutz in der Datenschutz-Grundverordnung
Rz. 2
Der Beschäftigtendatenschutz ist im EU-Recht nicht gesondert geregelt. Art. 88 DSGVO ermächtigt dazu, "spezifischere Vorschriften ("more specific rules" im englischen Text) …im Beschäftigungskontext" zu erlassen. Im Rahmen des Normsetzungsverfahrens von Europäischem Parlament, Rat und Kommission konnten sich die Mitgliedstaaten nicht über eine bereichsspezifische Regelung der Verarbeitung von Beschäftigtendaten einigen. Dies war nicht Ausdruck eines besonderen unionsrechtlichen, sondern eines allgemeinen Problems: auch in Deutschland scheiterten in der Vergangenheit alle Regulierungsversuche eines umfassenden Beschäftigtendatenschutzes, zuletzt beispielsweise 2010 mit dem "Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Beschäftigtendatenschutz". Die Regierungen waren bislang nicht bereit, auch ohne Konsens zwischen Arbeitgeberverbänden und Gewerkschaften ein Gesetz zu erlassen (Düwell/Brink, NZA 2017, 1081; Düwell in: Weth/Herberger/Wächter, Daten- und Persönlichkeitsschutz im Arbeitsverhältnis, 2014, I. Die Entwicklung des Arbeitnehmerdatenschutzes, Rn 25 ff.).
Als Beispiele für Sachverhalte beziehungsweise Zwecke, die von den Mitgliedstaaten geregelt werden können, nennt Art. 88 Abs. 1 DSGVO "Zwecke der Einstellung, der Erfüllung des Arbeitsvertrags" sowie "Zwecke der Beendigung des Beschäftigungsverhältnisses". Typische Zwecke der Erfüllung des Arbeitsvertrags sollen insbesondere die folgenden in Art. 88 Abs. 1 DSGVO beispielhaft genannten Fallgruppen umfassen:
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Erfüllung von durch Rechtsvorschriften festgelegten Pflichten; |
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Erfüllung der durch Kollektivvereinbarungen festgelegten Pflichten; |
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das Management, die Planung und die Organisation der Arbeit; |
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die Sicherstellung der Gleichheit und Diversität am Arbeitsplatz; |
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die Sicherstellung der Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz; |
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den Schutz des Eigentums des Arbeitgebers; |
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den Schutz des Eigentums der Kunden des Arbeitgebers sowie |
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die Inanspruchnahme der mit der Beschäftigung zusammenhängenden individuellen oder kollektiven Rechte und Leistungen. |
Diese in Art. 88 Abs. 1 DSGVO genannten Zwecke können Arbeitgebern auch hilfreiche Anhaltspunkte für die Festlegung von Verarbeitungszwecken nach Maßgabe des Art. 5 Abs. 1 lit. b) DSGVO bieten (vgl. hierzu im Einzelnen Rdn 100).