I. Abkopplung von den vereinsrechtlichen Vorschriften
Rz. 12
Die §§ 84 ff. BGB n.F. enthalten Regelungen zu den Stiftungsorganen, die sich im Wesentlichen bisher aus Verweisungen auf das Vereinsrecht über § 86 BGB ergeben haben. Die in der Fachliteratur dazu diskutierte und betonte "Abkopplung vom Vereinsrecht" ist für die Praxis genau betrachtet nicht bedeutsam, denn inhaltlich gibt es bei der Gesetzesneufassung überwiegend keine Änderungen, so dass hier auf die stiftungsrechtliche Literatur zum bisherigen Recht verwiesen werden kann. Im Folgenden liegt deshalb der Schwerpunkt auf Hinweisen zu einigen neuen und geänderten Bestimmungen.
Das befürchtete "Auseinanderfallen von Vereins- und Stiftungsrecht" vermögen wir nicht als Problem für die Praxis zu sehen, denn Stiftungen und Vereine sind ersichtlich unterschiedliche Rechtsformen, die eine jeweils gesonderte rechtsformspezifische Betrachtung erfordern. Von daher konnte schon bisher, anders als etwa Schauer/Stollmann meinen, die Rechtsprechung zum mitgliedschaftlich strukturierten Vereinsrecht nicht ohne weiteres auf das Stiftungsrecht übertragen werden.
Rz. 13
Grundsätzlich ist die künftige Zusammenfassung und ausdrückliche Regelung der Bestimmungen unter den Vorschriften des Stiftungsrechts aus zwei Gründen zu begrüßen: Zum einen erleichtert es, wie auch der Gesetzgeber betont, gegenüber den bisherigen Verweisungsketten die Rechtsanwendung. Der "Blick ins Gesetz" wird so auch für nicht juristisch vorgebildete Personen, wie wir sie in Stiftungsorganen häufig finden, durch den Wegfall komplizierter Verweisungsketten einfacher. Zum anderen werden die Regelungen insoweit klarer, als bei den Neuregelungen den strukturellen Unterschieden zwischen den Rechtsformen des Vereins und der (mitgliederlosen) Stiftung Rechnung getragen werden kann.
II. Stiftungsvorstand
Rz. 14
Nach § 84 Abs. 1 S. 1 BGB n.F. ist wie bisher der Vorstand das zwingende Vertretungsorgan der Stiftung. Das ist im Sinne der erprobten Praxis ausdrücklich zu begrüßen. Nach dem gesetzlichen Regelfall, d.h. wenn die Satzung nicht etwas Abweichendes bestimmt (§ 84 Abs. 3 BGB n.F.), ist der Vorstand für alle Geschäftsführungsaufgaben zuständig (§ 84 Abs. 1 S. 2 BGB n.F.) und vertritt die Stiftung durch die Mehrheit der Vorstandsmitglieder (§ 84 Abs. 2 S. 2 BGB n.F.).
Nach § 84 Abs. 3 BGB n.F. kann entsprechend der bisherigen Rechtslage auch in Zukunft von den nicht zwingenden Gesetzesregelungen in § 84 Abs. 1 und 2 BGB n.F. durch Satzungsregelungen abgewichen werden:
▪ |
So kann etwa ein Mehrpersonenvorstand geschaffen werden. |
▪ |
Die Vertretungsmacht des Stiftungsvorstands kann nach dem ausdrücklichen Gesetzeswortlaut, wie bisher durch die Satzung, mit Wirkung auch gegen Dritte beschränkt werden. Die Vertretungsmacht des Vorstands kann insbesondere dadurch beschränkt werden, dass sie an die Zustimmung eines anderen Organs gebunden wird, typischerweise an die Stimmung eines Kontrollorgans ("AG-Modell": Stiftungsrat). |
▪ |
Es kann etwa auch von dem grundsätzlichen gesetzlichen Ansatz, dass der Vorstand das Geschäftsführungsorgan der Stiftung ist, wie auch in der Begründung betont wird, abgewichen werden. In der Stiftungssatzung können Geschäftsführungsaufgaben mit Ausnahme der Vertretung der Stiftung auch auf andere Stiftungsorgane übertragen werden, wie auch in der Begründung hervorgehoben wird. |
Die gesetzliche Regelung gibt hier auch zukünftig einen Gestaltungsspielraum für spezifische Anforderungen in der Praxis.
§ 84d BGB n.F. regelt zudem ab dem 1.1.2026 die Anmeldepflicht von Änderungen bei der Besetzung des Stiftungsvorstands oder der Bestellung besonderer Vertreter zum Stiftungsregister unter Beifügung der betreffenden Dokumente.
III. Weitere Organe
Rz. 15
Dass die Satzung, wie in der Praxis auch jetzt schon üblich und zulässig, die Einrichtung weiterer Organe neben dem Vorstand vorsieht (z.B. einen Stiftungsrat), wird zukünftig in § 84 Abs. 4 BGB n.F. sogar ausdrücklich geregelt. Nach § 84 Abs. 4 S. 2 BGB n.F. "sollen" für solche weiteren Organe in der Satzung auch Bestimmungen zu deren Bildung, Befugnissen und Aufgaben enthalten sein. Die Formulierung als "Soll-Vorschrift" deutet nach dem Gesetzeswortlaut auf eine nicht zwingende, also keine "Muss-Vorschrift" hin. Im Hinblick auf die Gesetzesbegründung, wo es hingegen "muss" heißt, gehen etwa Hüttemann/Rawert hier von einem Redaktionsversehen des Gesetzgebers aus, zumal auch nach der bisher herrschenden Ansicht in diesem Fall klare Regelungen zur Abgrenzung der Organe in der Satzung gefordert sind.
So ist es in der bisherigen Praxis auch absolut üblich und geradezu denklogisch zwingend, dass die Satzung im Falle der Einrichtung weiterer Organe jedenfalls auch die Grundlagen zu deren Bildung und Kompetenzzuweisungen enthält. Insofern dürfte es hi...