Frank-Michael Goebel, Dr. Jochen Schatz
Rz. 738
Kapitallebensversicherungen dienen neben der finanziellen Absicherung von Angehörigen für den Todesfall des Versicherten regelmäßig gerade auch dem Vermögensaufbau, nicht selten als Altersvorsorge. Sie stellen deshalb für den Gläubiger eine attraktive Möglichkeit dar, um seine Befriedigung zu erlangen. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Schuldner aus geordneten Verhältnissen kommt und erst ein unerwartetes Ereignis wie Trennung, Krankheit oder Arbeitslosigkeit ihn in die Verschuldung geführt hat.
Der Kapitalanspruch aus einer Rentenversicherung ist stets pfändbar. Dies gilt auch dann, wenn der Schuldner diesen Vertrag nur abgeschlossen hat, um von seiner Rentenversicherungspflicht befreit zu werden und der Vertrag vom Rentenversicherungsträger genehmigt wurde.
Rz. 739
Hinweis
Nach der Pfändung kann der Schuldner die Kapitallebensversicherung dem Gläubiger nicht mehr dadurch entziehen, dass er von einem Rentenwahlrecht Gebrauch macht. Eine solche Wahl stellt einen Verstoß gegen die Verfügungsbeschränkung dar und ist deshalb gegenüber dem pfändenden Gläubiger unwirksam.
Rz. 740
Gleichwohl sind für den Gläubiger Pfändungsbeschränkungen zu beachten. Pfändungsschutz für Lebensversicherungen besteht zunächst nach § 850 Abs. 3 ZPO für Renten aufgrund von Verträgen, die zur Versorgung des Versicherungsnehmers oder seiner Angehörigen geschlossen wurden; hier greift § 850c ZPO. Kleinstlebensversicherungen mit einer Versicherungssumme bis 3.579,00 EUR werden als Sterbegeldversicherungen der Pfändung nach § 850b Abs. 1 Nr. 4 ZPO entzogen. Sehr alte Lebensversicherungen von Handwerkern können noch Pfändungsschutz nach § 22 der 1. DVO HWG genießen.
Hat in der Vergangenheit der in der Sozialversicherung für die Altersvorsorge bestehende Pfändungsschutz im Übrigen nicht Platz gegriffen, hat der Gesetzgeber mit dem "Gesetz zum Pfändungsschutz der Altersvorsorge", welches zum 1.4.2007 in Kraft getreten ist, einen besonderen Pfändungsschutz für Kapitallebensversicherungen in den §§ 851c, 851d ZPO eingeführt, die der Alterssicherung dienen. Mit dem Wegfall der Steuerfreiheit des Auszahlungsbetrages für nach dem 1.1.2005 abgeschlossene Kapitallebensversicherungen nach einer Vertragslaufzeit von zwölf Jahren hat der Gesetzgeber die Attraktivität besonderer Verwertungsarten für die Zukunft eingeschränkt. Auch wenn damit gegenüber der früheren Rechtslage Nachteile bei der Vollstreckung in Lebensversicherungen hingenommen werden müssen, stellt sie aufgrund des häufig hohen Kapitalbetrages immer noch ein attraktives Zugriffsobjekt dar. Über diese beiden gesetzlichen Einschnitte hinaus ist das zum 1.1.2008 in Kraft tretende neue Versicherungsvertragsgesetz zu berücksichtigen. Um die Nutzung der bisherigen Rechtsprechung zu erschließen, werden die alten Normen in Klammern genannt. Soweit es – in Rechtsmittelverfahren – noch auf die alte Rechtslage ankommt, wurde dies berücksichtigt. Anderenfalls ist auf die Vorauflagen zurückzugreifen.
Rz. 741
Neben der Pfändung der Lebensversicherung sollte der Frage der effektiven Verwertung ein besonderes Augenmerk gelten. Gepfändete Kapitallebensversicherungen führen nach der Kündigung nur zur Einziehung des Rückkaufwertes (§ 836 Abs. 1 ZPO, § 169 VVG), der aufgrund der vorzeitigen Vertragsbeendigung und der damit in Abzug kommenden Verwaltungskosten der Versicherung unter dem eigentlichen Wert der Versicherung liegt. Als Alternative dazu bietet sich deshalb die eigene Übernahme oder die Verwertung der Lebensversicherung im Wege der anderweitigen Verwertung nach § 844 ZPO an. Hierbei können bei einem Verkauf der Lebensversicherung um fünf bis 15 Prozent höhere Verwertungserlöse als bei der Einziehung erzielt werden.