Frank-Michael Goebel, Dr. Jochen Schatz
Rz. 1005
Ein Taschengeldanspruch besteht als unterhaltsrechtlicher Anspruch in jeder Ehe und Lebenspartnerschaft zugunsten eines in häuslicher Gemeinschaft lebenden, haushaltsführenden Ehegatten/Lebenspartners, der nicht mit Einkünften aus Arbeit oder Vermögen unterhaltspflichtig ist. Der Anspruch besteht grundsätzlich unabhängig davon, ob er selbst arbeits- und leistungsfähig ist und damit auch eigene Einkünfte haben kann. Auch geringe Einkünfte stehen einem Taschengeldanspruch grundsätzlich nicht entgegen. Ein Anspruch auf Taschengeld besteht jedoch dann nicht, wenn das Familieneinkommen schon durch den notwendigen Grundbedarf der Familienmitglieder vollständig aufgezehrt wird. Der Höhe nach besteht der Taschengeldanspruch in Höhe von mindestens 5–7 % des anrechenbaren Einkommens des unterhaltspflichtigen Ehegatten. Es handelt sich um einen Anspruch auf wiederkehrende Leistungen. Das Taschengeld ist nicht zweckgebunden, denn der Begünstigte kann den Geldbetrag beliebig verwenden. Das schließt die Option ein, mit diesen Beträgen Verbindlichkeiten aus der Vergangenheit zu tilgen.
Rz. 1006
Tipp
Ein vor Einleitung von Vollstreckungsmaßnahmen angebrachter Hinweis auf die mögliche Pfändbarkeit eines Taschengeldanspruchs könnte den Schuldner ggf. zu einer gütlichen Einigung in Form einer Ratenzahlungsvereinbarung motivieren.
Rz. 1007
Die Pfändbarkeit des Taschengeldanspruchs als eine auf gesetzlicher Vorschrift beruhende (grundsätzlich unpfändbare) Unterhaltsrente ergibt sich aus § 850b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 ZPO. Eine Pfändbarkeit ist daher nur unter Billigkeitsgesichtspunkten möglich, § 850b Abs. 2 ZPO.
Die Voraussetzungen des § 850b Abs. 2 ZPO müssen vorliegen. Neben der Billigkeit ist die Pfändung nach den für Arbeitseinkommen geltenden Vorschriften möglich, wenn die Vollstreckung in das sonstige bewegliche Vermögen des Schuldners zu einer vollständigen Befriedigung des Gläubigers nicht geführt hat oder voraussichtlich nicht führen wird.
§ 850b Abs. 2 ZPO qualifiziert sich als eine Ausnahmeregelung. Die Pfändung des Taschengeldanspruchs entspricht nur dann der Billigkeit, wenn im Vergleich zu durchschnittlichen Fällen besondere Umstände vorliegen. Solche Umstände sind anzunehmen, wenn der Taschengeldanspruch einschließlich des übrigen Unterhaltsanspruchs die Pfändungsfreigrenze des § 850c ZPO übersteigt. Unbilligkeit ist nicht allein deshalb anzunehmen, weil der Gläubiger ein grundsätzlich schutzwürdiges Interesse hat und einer hohen titulierten Forderung ein relativ geringwertiger Taschengeldanspruch entgegensteht, weil damit Schuldner, die hoch verschuldet sind, besser gestellt würden als Schuldner, die ihre finanziellen Möglichkeiten nur in geringem Maße überschritten haben.
Die Pfändung des Taschengeldanspruchs entspricht der Billigkeit, wenn der zu vollstreckende Anspruch auf einer vorsätzlich begangenen Straftat beruht. Damit wird dem grundsätzlichen, vollstreckungsrechtlichen Privileg einer Deliktforderung entsprechend Rechnung getragen.
Rz. 1008
Tipp
Schon bei der Titulierung der Vollstreckungsforderung ist zu fragen, welcher Natur der zu vollstreckende Anspruch ist und ob nicht schon eine Mithaftung des Ehegatten nach § 1357 BGB in Betracht kommt, weil es sich um ein Geschäft zur Deckung des Lebensbedarfs handelte. Haftet der Ehegatte mit, kommt es auf die Hilfskonstruktion der Billigkeitspfändung nicht an und die Pfändung des Taschengeldanspruches ist entbehrlich. Der Gläubiger kann den Anspruch gegen den jeweiligen Ehegatten titulieren lassen und unmittelbar in das Einkommen des jeweiligen Ehegatten vollstrecken. Die Titulierung gegen den anderen Ehegatten kann auch nachgeholt werden.