Frank-Michael Goebel, Dr. Jochen Schatz
Rz. 841
Der Mietzinsanspruch des Vermieters (Schuldner) gegen seinen Mieter (Drittschuldner) stellt eine Geldforderung gem. § 535 Abs. 2 BGB dar. Auf diese Forderung kann zunächst ohne Weiteres im Wege der Zwangsvollstreckung zugegriffen werden, §§ 829, 835 ZPO. Gleiches gilt für die Pachtzinsforderung nach § 581 Abs. 1 S. 2 BGB.
Ebenfalls gepfändet werden kann der Anspruch auf Entschädigung bei verspäteter Rückgabe der Mietsache nach der Beendigung des Mietverhältnisses auf der Grundlage von § 546a Abs. 1 BGB. Dieser Entschädigungsanspruch tritt an die Stelle der Mietforderung.
Mitgepfändet werden kann auch das Pfandrecht des Vermieters bzw. Verpächters nach §§ 562 ff., 581 BGB. Hierin realisiert sich der offene Geldanspruch des Vermieters gegen den Mieter, auf den der Gläubiger zugreifen kann.
Rz. 842
Hinweis
Nach der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens über das Vermögen des Schuldners ist die Pfändung mithaftender Mieten oder Pachten durch absonderungsberechtigte Grundpfandgläubiger nicht mehr zulässig. Eine Vorauspfändung von Mieten nach den §§ 829, 832, 835 ZPO begründet spätestens nach Ablauf des nächsten auf die Eröffnung folgenden Kalendermonats kein Absonderungsrecht mehr, § 110 InsO. Nur ein nach § 49 InsO absonderungsberechtigter Grundpfandrechtsgläubiger kann durch einen Antrag auf Anordnung der Zwangsverwaltung eine bevorzugte Befriedigung aus den Mietansprüchen sicherstellen, §§ 146, 20 ZVG, §§ 1123, 1124 BGB.
Rz. 843
Drittschuldner ist der Mieter, dem nach § 829 Abs. 3 ZPO der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zuzustellen ist, um die Pfändung zu bewirken. Gleiches gilt für den Überweisungsbeschluss, § 835 Abs. 3 S. 1 ZPO.
Rz. 844
Ein Problem kann sich ergeben, wenn der Schuldner nicht allein der Vermieter ist, sondern die Vermietereigenschaft mehrerer Personen (inkl. des Schuldners) in einer Bruchteilsgemeinschaft besteht. Ergibt sich aus dem Verhältnis der verschiedenen Vermieter untereinander nichts anderes, kann aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses gegen einen Bruchteilseigentümer die Miete nicht eingezogen werden. Es handelt sich um eine unteilbare Leistung im Rechtssinne, sodass ein Titel gegen alle Bruchteilseigentümer erforderlich ist. Liegt ein solcher nicht vor, kann nur der Anteil des Schuldners an einer Forderung (der Miete) oder einem Recht gepfändet werden.
Rz. 845
Zuständig für den Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses ist nach § 828 Abs. 2 ZPO (in Abweichung zu § 764 Abs. 2 ZPO) das Vollstreckungsgericht, in dessen Bezirk der Schuldner seinen allgemeinen Wohnsitz hat. Insoweit ist unerheblich, wo der Drittschuldner wohnt, d.h. wo sich die vom Schuldner vermietete Wohnung befindet (sofern der Drittschuldner dort noch seinen Wohnsitz hat).
Rz. 846
Tipp
In einer Konkurrenzsituation mit anderen Gläubigern empfiehlt sich ein frühzeitiger Vollstreckungszugriff und zugleich alle Möglichkeiten auf den besten Rang zu wahren, indem der Gläubiger mit der Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses eine Vorpfändung nach § 845 ZPO durch den zuständigen Gerichtsvollzieher zustellen lässt. Wird dann die eigentliche Pfändung nach § 829 Abs. 3 ZPO durch Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses an den Drittschuldner binnen eines Monats bewirkt, so wirkt die Pfändung auf den Zeitpunkt der Vorpfändung zurück (§§ 845 Abs. 2, 930 ZPO). Dies kann nicht nur den Zugriff auf eine Monatsmiete "mehr" bedeuten, sondern auch Grundlage für den besten Rang nach § 804 Abs. 3 ZPO sein. Zugleich kann es sinnvoll sein, flankierend die Eintragung einer Zwangssicherungshypothek zu veranlassen, die als eine dinglich gesicherte Rechtsposition die Befriedigung im Fall der Verwertung nach dem ZVG aus der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 4 (statt Nr. 5) ZVG sicherstellt und zudem eine gute Ausgangslage für ein etwaiges Insolvenzverfahren über das Vermögen des Schuldners bietet (§ 49 InsO).
Rz. 847
Hinweis
Sollten mehrere Mieter einer Wohnung Drittschuldner sein, ist jedem einzelnen Mieter der Beschluss zuzustellen, da der nicht erfasste Mieter andernfalls mangels eines Zahlungsverbots mit befreiender Wirkung an den Schuldner zahlen kann. Mehrere Mieter einer Wohnung sind Gesamtschuldner (§ 427 BGB).
Rz. 848
Nicht nur die aus der Vergangenheit noch offenen, rückständigen Mietforderungen bzw. die aktuelle Mietforderung sind pfändbar, sondern auch der Anspruch auf zukünftige Mietforderungen (Vorauspfändung). Nach den allgemeinen Grundsätzen ist die künftige Forderung durch den bereits bestehenden Mietvertrag hinreichend bestimmt. Maßgeblich ist allein, dass der Vertrag geschlossen ist. Unerheblich ist, ob der Dritte die Mietsache bereits in Besitz genommen hat und überhaupt schon eine Mietzinszahlung fällig war. Auf die Streitfrage, ob sich dies unmittelbar aus § 832 ZPO ergibt, sollte sich der Gläubiger erst gar nicht einlassen, indem er die künftigen Ansprüche ausdrücklich mit pfändet.
Rz. 849
Tipp
Erscheint dem Gläubiger die Miete i...