Frank-Michael Goebel, Dr. Jochen Schatz
Rz. 992
Eine Beteiligung des Pfändungsgläubigers im Steuerfestsetzungsverfahren ist ausgeschlossen, da sich das Pfändungspfandrecht (§ 829 ZPO) und die Einziehungsbefugnis (§ 835 ZPO) ausschließlich auf den Zahlungsanspruch, den der Schuldner (Steuerpflichtige) als Erstattungsbegehren gegen die Finanzbehörde richten kann, erstrecken, nicht aber die Rechtsstellung des Schuldners als Steuerpflichtigen (§ 33 AO) berühren. Der Pfändungsgläubiger ist damit selbst nicht berechtigt, den Antrag auf Steuerfestsetzung zu stellen.
Rz. 993
Hinweis
Abgabe der Einkommensteuererklärung:
Der Schuldner ist Steuerpflichtiger i.S.v. § 33 AO. Den Schuldner treffen daher auch die (öffentlich-rechtlichen) Steuererklärungspflichten gem. § 25 EStG: Nur der Schuldner kann und darf die Steuererklärung abgeben. Dies gilt auch im Fall der Zwangsvollstreckung in einen etwaigen Steuererstattungsanspruch. Der Vollstreckungsgläubiger kann keine Steuererklärung für den Schuldner abgeben. Wer einen Anspruch auf Erstattung von Einkommensteuer gepfändet und zur Einziehung überwiesen erhalten hat, kann aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses weder einen Anspruch auf Vornahme von Verfahrenshandlungen im Steuerfestsetzungsverfahren gem. § 888 ZPO durch Haftantrag gegen den Schuldner vollstrecken noch nach § 887 ZPO ermächtigt werden, Verfahrenshandlungen des Schuldners im Steuerfestsetzungsverfahren selbst vorzunehmen.
Soweit den Schuldner keine Erklärungspflicht trifft, führt auch dies nicht dazu, dass der Vollstreckungsgläubiger die Erklärungspflichten und/oder -rechte des Schuldners (Steuerpflichtigen) wahrnehmen kann. Eine Steuererklärungspflicht entfällt insbesondere, wenn das Einkommen des Schuldners ganz oder teilweise aus Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit besteht, von denen bereits ein Steuerabzug vorgenommen worden ist (Lohnsteuerabführung durch den Arbeitgeber), und eine Veranlagung auch nicht aus besonderen Gründen gem. § 46 EStG durchgeführt wird. Eine Veranlagung wird stets durchgeführt, wenn diese beantragt wird, insbesondere zur Anrechnung von Lohnsteuer auf die Einkommensteuer, § 46 Abs. 2 Nr. 8 EStG (Antragsveranlagung). Das Veranlagungsrecht kann nicht selbstständig gepfändet werden. Die Abgabe der Einkommensteuererklärung und sonstige Verfahrenshandlungen des Schuldners im Steuerfestsetzungsverfahren sind unvertretbare Handlungen, da sie nicht durch einen Dritten vorgenommen werden können, sondern vom Willen des Schuldners abhängen (§ 888 Abs. 1 S. 1 ZPO).
Rz. 994
Auch erlangt der Pfändungsgläubiger keine Rechte, die dem Schuldner aus der Rechtsstellung als Steuerpflichtigen aus dem öffentlich-rechtlichen Steuerschuldverhältnis zustehen. Der Schuldner bleibt alleiniger Bekanntgabeadressat hinsichtlich des auf ihn entfallenden Steuererstattungsanspruchs, überdies auch derjenige, der Rechtsbehelfs- oder Klageverfahren initiieren kann.
Rz. 995
In dem sich dem Steuerfestsetzungsverfahren anschließenden Erhebungsverfahren (§§ 218 ff. AO), in dem der festgesetzte Steuererstattungsanspruch als Zahlungsanspruch gegen die Finanzbehörde verwirklicht wird, ist der Pfändungsgläubiger aufgrund seiner Rechtsstellung (§§ 829, 835 ZPO) zu beteiligen. Insbesondere besteht die Pflicht der Finanzbehörde, dem Pfändungsgläubiger mitzuteilen, ob und in welcher Höhe sich ein Erstattungsanspruch ergeben hat und ob eine Zahlungsbereitschaft besteht (vgl. auch § 840 ZPO). Die Pfändung des Erstattungsanspruchs führt allerdings nicht zu einer Änderung des Steuerschuldverhältnisses, aus dem sich der Erstattungsanspruch ergibt.
Hinweis
Für eine etwaige Klage des Vollstreckungsgläubigers gegen das Finanzamt als Drittschuldner auf Auszahlung eines durch Beschluss des Amtsgerichts gepfändeten und zur Einziehung überwiesenen Umsatzsteuererstattungsanspruchs ist der Finanzrechtsweg gegeben.
Rz. 996
Für die Beantragung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Festgebühr nach Nr. 2111 KV GKG i.H.v. derzeit 22,00 EUR an. Gem. § 12 Abs. 5 GKG ist dieser Betrag mit der Einreichung des Antrags auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses zu entrichten.
Rz. 997
Der Rechtsanwalt erhält eine 0,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3309 VV RVG aus dem nach § 25 Abs. 1 Nr. 1 RVG zu bestimmenden Wert. Die Gebühr fällt einheitlich für den Antrag auf Erlass eines Pfändungsbeschlusses und den Antrag auf Erlass des Überweisungsbeschlusses an. Dies gilt nach § 18 Abs. 3 RVG auch dann, wenn die beiden Anträge – etwa bei einer Sicherungsvollstreckung – gesondert gestellt werden.