Rz. 26
Die Parteien vereinbaren entweder einen engen oder einen weiten Sicherungszweck. Die enge Zweckerklärung nennt die konkret besicherten Forderungen bzw. Verträge. Entsteht z.B. zugunsten der Bank später eine neue Forderung und möchten die Parteien, dass die bereits bestellte Sicherheit auch diese Forderung absichert, müssen sie die Sicherungsabrede anpassen. Geschieht dies, bleibt es beim engen Sicherungszweck, aber eben um eine weitere Forderung ergänzt. Enge Zweckerklärungen sind rechtlich unbedenklich. Eine Unwirksamkeit droht allenfalls bei einer anfänglichen Übersicherung – demgegenüber führt eine nachträgliche Übersicherung nicht zur Unwirksamkeit, sondern zu einer ermessensunabhängigen Freigabepflicht der Bank.
Rz. 27
Eine weite Zweckerklärung regelt typischerweise, dass die Sicherheit alle gegenwärtigen und künftigen, auch bedingten oder befristeten Forderungen der Bank aus der bankmäßigen Geschäftsverbindung erfasst. Individualvertragliche weite Zweckerklärungen sind unproblematisch, sie spielen aber in der Bankpraxis allenfalls eine untergeordnete Rolle. In aller Regel werden formularmäßige Zweckerklärungen abgeschlossen. Bei einer Eigensicherheit (Sicherungsgeber ist zugleich Kreditnehmer/persönlicher Schuldner) ist die weite Sicherungsabrede grds. weder überraschend (§ 305c Abs. 1 BGB) noch verstößt sie gegen § 307 Abs. 1 und Abs. 2 BGB. Demgegenüber bejaht der BGH bei einer Drittsicherheit (Sicherungsgeber ist nicht Kreditnehmer) häufig einen überraschenden Charakter (§ 305c Abs. 1 BGB) einer weiten Zweckerklärung. Der Drittsicherungsgeber brauche in der Regel nicht damit zu rechnen, über den Anlasskredit hinaus haften zu müssen. Trotz der Aussage, eine überraschende Klausel sei unwirksam, spielt die Klauselprüfung nach § 305c Abs. 1 BGB ausschließlich bei der AGB-Einbeziehungskontrolle eine Rolle, also nicht bei der Inhaltskontrolle. Deshalb kann der überraschende Charakter z.B. entfallen, wenn der Drittsicherungsgeber auf die weite Zweckerklärung hinreichend deutlich hingewiesen wird, der Sicherungsgeber ein Unternehmer ist, der mit Kreditgeschäften vertraut ist oder der Sicherheiten entgeltlich und geschäftsmäßig übernimmt. Der BGH stuft die weite Zweckerklärung insb. dann als überraschend ein, wenn der Drittsicherungsgeber sie anlässlich eines konkreten Kredits an einen Kreditnehmer abgegeben hat. Gibt aber z.B. der Drittgrundschuldgeber ohne Anlass eines konkreten Kredits eine weite Zweckerklärung ab, kann es an einer überraschenden Klausel fehlen. Bei der Anwendung des § 305c Abs. 1 BGB kommt es auf die Bewertung aller Einzelfallumstände an. Da insoweit eine Rechtsunsicherheit verbleibt, vereinbaren die Parteien einer Drittsicherheit in der Regel eine enge Zweckerklärung. Diese Zurückhaltung erscheint vor allem dann geboten, wenn der Drittsicherungsgeber keine umfangreichen Geschäftsbeziehungen zur Bank hat und unerfahren im Umgang mit Sicherungsgeschäften ist. Zu berücksichtigen ist auch, ob der Drittsicherungsgeber einen entscheidenden Einfluss auf die Kreditgeschäfte hat. Denn der BGH hält eine weite Drittschuldzweckerklärung für zulässig, wenn der Sicherungsgeber Geschäftsführer oder Allein- bzw. Mehrheitsgesellschafter des Kreditnehmers ist, weil er dann Einfluss auf die Art und die Höhe der besicherten Bankverbindlichkeiten hat, mithin das Risiko einer weiten Zweckerklärung beherrschen kann. Entscheidend ist insoweit nicht die formale Stellung des Drittsicherungsgebers, sondern seine faktische Einflussmöglichkeit auf das Hauptgeschäft.
Rz. 28
Die Unwirksamkeit der weiten Sicherungszweckerklärung bei einer Bürgschaft führt nach dem BGH dazu, dass an die Stelle der Klausel die Gestaltungsmöglichkeit tritt, die die Parteien bei sachgerechter Abwägung der beiderseitigen Interessen gewählt hätten, wenn ihnen die Unwirksamkeit der AGB bekannt gewesen wäre (ergänzende Vertragsauslegung). Bei Bürgschaften bedeutet dies, dass sich die Haftung grds. auf die Verbindlichkeiten beschränkt, die den Anlass für die Verpflichtung bildeten (Anlassrechtsprechung). Bei unlimitierten Kontokorrentkrediten ist auf die Höhe des Kreditsaldos am Tage der Bürgschaftserklärung abzustellen.
Rz. 29
Bei einem unwirksamen formularmäßigen Verzicht des Bürgen auf seine Rechte aus § 776 BGB ist dieser so zu stellen, wie er stünde, wenn der Gläubiger die vom Hauptschuldner für die Hauptforderung zusätzlich zu der Bürgschaft gestellten Sicherungsrechte nicht aufgegeben hätte. Dabei ist jedoch zu differenzieren, ob die weitergehenden Sicherungsrechte die Hauptschuld absichern oder aber andere Ansprüche des Gläubigers gegen den Hauptschuldner.