Rz. 7
Dem Verbraucher steht ein Widerrufsrecht gem. § 495 Abs. 1 BGB i.V.m. § 356b BGB zu. Bei mehreren Verbrauchern auf der Darlehensnehmerseite kann jeder Verbraucher seine auf Abschluss des Darlehensvertrags gerichtete Willenserklärung selbstständig widerrufen. Seit dem 21.3.2016 sind in §§ 514, 515 BGB (wohnimmobilienkreditrichtlinienüberschießend) auch für unentgeltliche Verbraucherkreditverträge Widerrufsrechte eingeführt worden. Bei Änderungen eines Verbraucherdarlehensvertrags steht dem Verbraucher ein Widerrufsrecht nur dann zu, wenn ein neues Kapitalnutzungsrecht gewährt wird, was vor allem bei einer echten Abschnittsfinanzierung der Fall ist, nicht aber bei einer unechten Abschnittsfinanzierung. § 495 Abs. 2 BGB regelt, wann ein Widerrufsrecht nicht besteht, eine weitere Ausnahme findet sich in § 491 Abs. 4 BGB (gerichtlich protokollierte oder festgestellte Vergleiche). § 495 Abs. 3 BGB, der im Zuge der Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie eingefügt wurde, gewährt dem Verbraucher, der kein Widerrufsrecht nach § 495 Abs. 2 BGB hat, beim Abschluss eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags eine Bedenkzeit von mindestens sieben Tagen.
Das Widerrufsrecht schützt den Verbraucher vor vertraglichen Bindungen, die er möglicherweise übereilt und ohne gründliche Abwägung eingegangen ist. Dabei hat der Gesetzgeber an Situationen gedacht, in denen der Verbraucher ggf. Gefahr läuft, übereilt zu handeln (Fernabsatzgeschäfte; Geschäfte außerhalb von Geschäftsräumen) oder aber mit schwer durchschaubaren Vertragsgegenständen konfrontiert ist, wie zum Beispiel Kreditverträge. Die im Rahmen dieser Geschäfte abgegebenen Willenserklärungen sind wirksam, so dass der Verbraucher gegen den Unternehmer auch einen Erfüllungsanspruch hat.
Den Darlehensgeber treffen vorvertragliche Informationspflichten (§ 491a BGB), die gem. Art. 247 § 1 EGBGB (Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrag) und Art. 247 § 2 EGBGB (Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag) rechtzeitig vor dem Abschluss eines Verbraucherdarlehensvertrags in Textform erfüllt werden müssen. Die Unterrichtung des Verbrauchers muss bei einem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag nach Art. 247 § 2 Abs. 1 EGBGB unter Verwendung der Europäischen Standardinformation für Verbraucherkredite gemäß dem Muster in Art. 247 Anlage 4 erfolgen, wenn nicht ein Vertrag gem. § 495 Abs. 2 Nr. 1, § 503 oder § 504 Abs. 2 BGB abgeschlossen werden soll. Die mit Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie am 21.3.2016 eingefügte Anlage 6 zu Art. 247 § 1 Abs. 2 EGBGB enthält das Europäische Standardisierte Merkblatt (ESIS-Merkblatt), das der Darlehensgeber vor dem Abschluss eines Immobiliar-Verbraucherdarlehensvertrags zu verwenden hat. Das ESIS-Merkblatt möchte die Vergleichbarkeit von Immobiliarkreditangeboten für Verbraucher verbessern und so mehr Transparenz herbeiführen.
Besonders wichtig ist die Pflicht des Darlehensgebers, den Verbraucher vollständig und zutreffend über sein Widerrufsrecht zu belehren. Diese Pflicht erfüllt der Darlehensgeber, wenn er das mit einer Gesetzlichkeitsfiktion ausgestattete Muster Anlage 7 zu Art. 247 EGBGB für Allgemein-Verbraucherdarlehensverträge, Anlage 8 zu Art. 247 für Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge und Anlage 9 zu Art. 246 Abs. 3 für unentgeltliche Darlehensverträge zwischen einem Unternehmer als Darlehensgeber und einem Verbraucher als Darlehensnehmer einsetzt. Die Verwendung eines eigenen Textes kann nicht empfohlen werden. Nach dem BGH kann sich ein Unternehmer, der eine den gesetzlichen Anforderungen nicht genügende Widerrufsbelehrung verwendet, nicht auf die Gesetzlichkeitsfiktion einer Musterbelehrung berufen, wenn er den Text der Musterbelehrung einer eigenen inhaltlichen Bearbeitung unterzieht; ob die Abweichungen von der Musterbelehrung nur in der Aufnahme von insoweit zutreffenden Zusatzinformationen zugunsten des Belehrungsempfängers bestehen, sei unerheblich. Der Darlehensgeber trägt die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass er den Verbraucher ordnungsgemäß über das Widerrufsrecht belehrt hat. Insoweit empfiehlt sich eine Empfangsbestätigung und/oder eine Unterschrift des Verbrauchers unter der Widerrufsbelehrung.
Im Hinblick auf Überziehungskredite sind die Regelungen in den §§ 504, 505 BGB sowie das Muster zu den Europäischen Verbraucherkreditinformationen bei Überziehungskrediten (Anlage 5 zu Art. 247 § 2 EGBGB) zu beachten.
Die Regelungen zu verbundenen Verträgen und zu dem im Zusammenhang stehenden Widerrufs- und Einwendungsdurchgriff finden sich im Allgemeinen Teil des Schuldrechts in den §§ 358, 359 BGB.
Die Regelungen sind auf die Finanzierung von Warenkäufen und anderen Leistungen beschränkt. Von Bedeutung ist, dass der Widerrufsdurchgriff auch vom Kaufvertrag auf den Darlehensvertrag zulässig ist. Es ist für den Verbraucher also unerheblich, ob er die Willenserklärung zum Warenlieferungsvertrag oder die Willenserklärung zum Darlehensvertrag widerruft. In beiden Fällen ist er an die jeweils andere...