Rz. 6

Nach dem Gesetzestext kann der Rechtsinhaber mit seinem Eigentum nach Belieben verfahren, also auf seine Sache in beliebiger Weise einwirken (sowohl tatsächlich wie auch rechtlich).[4] Die Reichweite dieser Freiheit unterliegt der Disposition des Gesetzgebers, der sie im Rahmen des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG definieren kann. Weiter kann der Eigentümer über die positive Befugnis hinaus auch "andere von jeder Einwirkung ausschließen" (z.B. Kranüberschwenken, Materiallagerung, Notwegsbenutzung, Untergrabungen, Vertiefungen, Überbau). Danach ist er gegen jegliche Beeinträchtigung, die nicht seinem Willen entspricht, grundsätzlich umfassend geschützt. Eine Beschränkung dieser Kompetenz kommt aber, wie der Gesetzestext vorgibt, aus dem Gesetz oder Rechten Dritter in Betracht.

 

Rz. 7

Es ist gut nachvollziehbar, dass sich der Eigentümer eines Grundstücks regelmäßig um eine möglichst optimale Ausnutzung seiner Fläche bemühen wird. Dies wird meist durch eine intensive Bebauung des Grundstücks erreicht. Dass sich dabei einhergehende Einflüsse auf die benachbarten Grundstücke temporär oder auch permanent auswirken und damit das ebenfalls berechtigte Ausschließungsrecht des Nachbarn tangieren können, ist die logische Konsequenz dieser wirtschaftlich orientierten Nutzung. Bei den vorbeschriebenen Interessenskonflikten sind neben den nachbarrechtlichen Landesvorschriften vor allem die §§ 905 ff. BGB (so z.B. bei Immissionen und Vertiefungen) einschlägig. Dabei ist zu berücksichtigen, dass jedes dieser Rechte des Nachbarn infolge des räumlichen Zusammenhangs im Nachbarraum durch ein entsprechendes Rücksichtnahmegebot begrenzt wird. Dabei wird allerdings im Zweifel das Benutzungs- gegenüber dem Ausschließungsrecht zurücktreten müssen. Der BGH geht davon aus, dass ein Grundstückseigentümer unter Beachtung dieser Normen des Nachbarrechts sein Grundstück ohne jegliche Rechtfertigung benutzen darf, sofern sich die Nutzung innerhalb der Grenzen des Grundstücks hält. Der insoweit notwendige Ausgleich der widerstreitenden Interessen der Nachbarn könne vielmehr erst durch Heranziehen der entsprechenden nachbarrechtlichen Vorschriften (in diesem Falle des § 906 BGB) erreicht werden.[5]

 

Rz. 8

Der zu umfassendem Ausschluss Dritter berechtigte Eigentümer ist zu zumutbarer Rücksichtnahme auf die berechtigten Interessen anderer verpflichtet. Es fließt damit bereits der Aspekt der gegenseitigen Rücksichtnahme, also letztlich eine Ausprägung des Grundsatzes von Treu und Glauben, § 242 BGB, in die Wertung mit ein. In der nachbarlichen Beziehung ist bei Berührungen, die unvermeidlich sind, eine wechselseitige Interessenbewertung und Abwägung vorzunehmen. Dabei kann u.U. zur Beurteilung des Einzelfalls neben der Heranziehung der allgemeinen nachbarrechtlichen Vorschriften die Anwendung allgemeiner Grundsätze, angezeigt sein.

[4] Vgl. Wirth/Boisserée/Fuchs, Grundzüge des Baunachbarrechts, S. 2077 f.

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