Rz. 13
§ 905 S. 1 BGB gestaltet den Rechtsraum des Eigentümers näher aus:
Das Recht des Eigentümers eines Grundstücks erstreckt sich auf den Raum über der Oberfläche und auf den Erdkörper unter der Oberfläche,
während § 905 S. 2 BGB diese Reichweite wiederum eingrenzt:
Der Eigentümer kann jedoch Einwirkungen nicht verbieten, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass er an der Ausschließung kein Interesse hat.
Somit wird festgelegt, innerhalb welcher Grenzen eine Benutzung, z.B. durch Bebauung im Bereich des Hoch- und Tiefbaus, möglich und ohne Zustimmung des Nachbars zulässig ist.
aa) Erstreckung des Rechts auf das Grundstück gem. § 905 S. 1 BGB
Rz. 14
Es ist nachvollziehbar, dass gerade im Hinblick auf §§ 905, 909 BGB das Grundstück im nachbarrechtlichen Sinne als Raum zu betrachten ist, zu dem auch die Luftsäule über der Fläche sowie der Erdraum unterhalb der Oberfläche gehören. Hieraus kann aber unzweifelhaft nicht geschlossen werden, dass sich auch der Herrschaftsbereich des Eigentümers ebenso weit erstreckt, der Eigentümer also auch in nur noch theoretische Höhen oder Tiefen die zuvor beschriebenen Eigentümerrechte, vor allem die Ausschließungsrechte, geltend machen kann. Richtigerweise hat hierzu das Gesetz in § 905 S. 2 BGB eine Regelung vorgenommen, welche die Ausübung dieser Machtsphäre begrenzt.
bb) Verbietungsrecht des Eigentümers gem. § 905 S. 1 BGB
Rz. 15
Aus den aufgezeichneten Grundsätzen ergibt sich, dass ein Grundstückseigentümer sein eigenes Areal oberirdisch und unterirdisch grundsätzlich uneingeschränkt benutzen darf, solange er sich allein innerhalb seiner Grenzen bewegt. Es ist in diesem Zusammenhang und bei der Abwägung maßgeblich darauf abzustellen, ob der Eigentümer den Erdkörper einschließlich des Untergrunds nutzt oder zumindest zu nutzen beabsichtigt, und ob die Einwirkungen dieser Nutzung oder Nutzungsabsicht entgegenstehen. Dabei berücksichtigt die Rechtsprechung auch ein sich erst in der Zukunft ergebendes Interesse an einer Nutzung.
cc) Grenze des Verbietungsrechts: die Ausschlussregel des § 905 S. 2 BGB
Rz. 16
Nach § 905 S. 2 BGB können zumindest derartige Einwirkungen nicht verboten werden, die in solcher Höhe oder Tiefe vorgenommen werden, dass der Eigentümer an ihrem Verbot kein Interesse hat. Wenn der Bauherr nun Maßnahmen vornimmt, die in den Bereich des Nachbargrundstücks einwirken, so hat der Bauherr im Zweifel die Beweislast dafür, dass ein Verbietungsrecht des Eigentümers nicht besteht bzw. dass der Eigentümer kein Ausschließungsinteresse hat. Dieser Beweislast genügt er zunächst, wenn er die äußeren Umstände darlegt, welche den Mangel eines Interesses für den Eigentümer erkennen lassen. Dem Eigentümer steht es dann anheim, ein bestimmtes Interesse zu behaupten; dann muss der Nachbar jede vom Eigentümer vorgebrachte seriöse Tatsachenbehauptung widerlegen. Jedoch trifft ihn keine Beweislast gegenüber bloß abstrakt denkbaren, theoretischen Nutzungs- und Gefährdungsmöglichkeiten. Ist der Eigentümer bereits einmal zur Duldung verurteilt worden und tritt im Nachhinein ein Umstand ein, der ihn zur Ausschließung der Einwirkung gem. §§ 903 S. 1, 905 S. 1 BGB berechtigt, so kann der Eigentümer mittels der Vollstreckungsabwehrklage gem. § 767 Abs. 1 ZPO gegen die erfolgte Verurteilung vorgehen.
dd) Sonstige Einschränkungen des § 905 S. 1 BGB
Rz. 17
Weiterhin sind auch privatrechtliche Vereinbarungen (etwa einer Dienstbarkeit, §§ 1018 ff., 1090 BGB) denkbar, wonach eine bestimmte Einwirkung berechtigt und dementsprechend ein Verbietungsrecht ausgeschlossen sein kann. Schließlich sind Einschränkungen des Verbietungsrechts nach den Grundsätzen des "nachbarrechtlichen Gemeinschaftsverhältnisses" (§ 242 BGB) denkbar.