Rz. 44
Diese Vorschrift des Nachbarrechts regelt wie folgt:
§ 917 BGB Notweg
(1) Fehlt einem Grundstück die zur ordnungsmäßigen Benutzung notwendige Verbindung mit einem öffentlichen Wege, so kann der Eigentümer von den Nachbarn verlangen, dass sie bis zur Hebung des Mangels die Benutzung ihrer Grundstücke zur Herstellung der erforderlichen Verbindung dulden. Die Richtung des Notwegs und der Umfang des Benutzungsrechts werden erforderlichenfalls durch Urteil bestimmt.
(2) Die Nachbarn, über deren Grundstücke der Notweg führt, sind durch eine Geldrente zu entschädigen. Die Vorschriften des § 912 Abs. 2 Satz 2 und der §§ 913, 914, 916 finden entsprechende Anwendung.
Rz. 45
Das Notwegrecht nach §§ 917 f. BGB stellt für das verbindende Grundstück eine gesetzliche Eigentumsbeschränkung dar, für das verbundene Grundstück hingegen eine Erweiterung des Eigentumsinhalts auf Teile des verbindenden Grundstücks.
aa) Tatbestand
(1) Fehlende Verbindung zu einem öffentlichen Weg
Rz. 46
Zunächst muss dem Baugrundstück eine Verbindung zu einem öffentlichen Weg fehlen.
Einem Grundstück fehlt beispielsweise die Verbindung, wenn es von einem öffentlichen Weg vollständig abgetrennt ist (z.B. ein hinterliegendes Grundstück).
(2) Ordnungsgemäße Benutzung des verbindungslosen Grundstücks
Rz. 47
Ob eine ordnungsgemäße Nutzung des hinterliegenden, einen Notweg begehrenden Grundstücks gegeben ist, misst sich an den objektiv zu beurteilenden faktischen Bedürfnissen einer praktischen Wirtschaft. Das Grundstück ist "seiner Natur nach" zu betrachten. Nach der Rechtsprechung ist das Notwegrecht zu bejahen, wenn der Eigentümer die Benutzungsart seines Grundstücks erst ändert und dann dadurch eine Inanspruchnahme der benachbarten Grundstücke erforderlich werden sollte. Die nunmehr gewählte Nutzungsart (z.B. auch Bebauungsweise) muss nach vernünftigen Erwägungen den naturgegebenen Verhältnissen des Grundstücks entsprechen. Dies wird im Regelfall bei Baumaßnahmen kein Problem darstellen.
(3) Notwendigkeit der Nutzung des Verbindungsgrundstücks
Rz. 48
An die Notwendigkeit sind aufgrund der schwerwiegenden Folgen des Eingriffs in das Eigentumsrecht des Nachbarn strenge Anforderungen zu stellen. Allein Gründe der Zweckmäßigkeit oder Bequemlichkeit des Bauherrn sind nicht ausreichend. Es darf also keine – wenn auch ggf. teurere – Alternative geben, die der Bauherr fruchtbar machen könnte. Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung ist im Streitfall derjenige der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung. So wird man beispielsweise eine Notwendigkeit des Antransports von Baugeräten und Materialien zu einer Baustelle auf einem hinterliegenden Grundstück annehmen können, wenn dies über einen öffentlichen Weg nicht möglich ist. Dies gilt zumindest für die Zeit der Baustellentätigkeit. Ebenso ist regelmäßig die Zulässigkeit eines Leitungsnotwegs für Ver- bzw. Entsorgungsleitungen anzunehmen, wenn eine Verbindung zu einem Ver- bzw. Entwässerungsnetz anderweitig nicht erreicht werden kann.
(4) Berechtigte und Verpflichtete
Rz. 49
Notwegberechtigt ist der Eigentümer des hinterliegenden (Bau-)Grundstücks sowie Inhaber grundstücksgleicher Rechte. Das Notwegrecht soll einer Notlage eines hinterliegenden Grundstücks abhelfen; deshalb steht dem Eigentümer ein solches Notwegrecht auch dann zu, wenn er die Benutzung Dritten (z.B. einem Bauunternehmer) überlässt. Duldungsverpflichtet ist der Eigentümer des in Anspruch genommenen Notweggrundstücks, das der Verbindung mit dem öffentlichen Weg entgegensteht.
bb) Rechtsfolgen
Rz. 50
Der Eigentümer des Notweggrundstücks hat die notwendige Nutzung hinzunehmen. Zur Herstellung und Unterhaltung des Notwegs ist der Verpflichtete allerdings nicht gezwungen. Die konkrete Ausgestaltung des Notwegs kann entweder durch eine Vereinbarung der Parteien erfolgen oder aber gem. § 917 Abs. 1 S. 2 BGB durch feststellendes Urteil.
Rz. 51
Beachtlich ist hier noch, dass Ausschlussgründe nach § 918 BGB vorliegen können, falls der Eigentümer des hinterliegenden Grundstücks die Trennung von einem öffentlichen Wege selbst (mit-)verursacht hat.