Rz. 40
Was zu den Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 2046 Abs. 1 S. 1 BGB gehört, ergibt sich aus § 1967 Abs. 2 BGB. "Streitig" oder "nicht fällig" ist eine Nachlassverbindlichkeit i.S.v. § 2046 Abs. 1 S. 2 BGB bereits dann, wenn nur unter den Miterben Streit über die Verbindlichkeit besteht. Im Rahmen der "Zurückbehaltung" hat kein Miterbe Anspruch auf Hinterlegung.
Rz. 41
Zur Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten ist der Nachlass notfalls zu "versilbern", § 2046 Abs. 3 BGB. Dies hat gem. § 2042 Abs. 2 i.V.m. § 753 BGB zu erfolgen. Die Auswahl der Nachlassgegenstände, die zu versilbern sind, ist keine Verwaltungsmaßnahme i.S.v. § 2038 Abs. 1 S. 1 BGB und kann daher von den Miterben nur gemeinschaftlich vorgenommen werden.
Rz. 42
Sind bestimmte Nachlassverbindlichkeiten nur von einigen Miterben zu erfüllen, würde es die anderen Miterben benachteiligen, wenn trotzdem von dem gesamten Nachlass eine "Rückstellung" gebildet werden müsste. Nachlassverbindlichkeiten treffen beispielsweise nur einzelne Miterben, wenn der Erblasser durch Teilungsanordnung bestimmt hat, dass Vermächtnisse oder Auflagen ausschließlich von einzelnen Miterben zu tragen sind. Ebenso gilt es jedoch für den Fall, dass die Pflichtteilslast im Innenverhältnis aufgrund von § 2320 BGB nur einen oder einige Miterben trifft. Für diesen Fall schränkt § 2046 Abs. 2 BGB den Anspruch aus Abs. 1 ein: Da die übrigen Miterben von der Verbindlichkeit nicht betroffen sind, muss "ihr" Anteil auch nicht für die Begleichung herhalten. Durch diese Regelung erfolgt letztlich eine gewisse "Vorab-Auseinandersetzung", da der Anteil des betroffenen Miterben vorab ermittelt werden muss und ggf. auch Nachlassgegenstände versilbert werden müssen. Weil § 2046 Abs. 2 BGB den Grundsatz § 2046 Abs. 1 BGB lediglich einschränkt, ihn jedoch nicht ausschließt, können die Miterben gleichwohl die Berichtigung auch dieser, nur sie betreffenden Nachlassverbindlichkeiten vor der Nachlassteilung verlangen. Dies ist vor allen Dingen mit Blick auf § 2046 Abs. 3 BGB und der Pflicht der Miterben bei der Versilberung mitzuwirken von erheblicher praktischer Bedeutung.
Rz. 43
Gehört eine belastete Immobilie zum Nachlass und soll diese Immobilie aufgrund einer Teilungsanordnung gem. § 2048 BGB einem oder einigen Miterben mit den Verbindlichkeiten zufallen, so brauchen der oder die Erben mit der Ablösung der Verbindlichkeiten nicht abzuwarten, bis der Nachlass insoweit aufgeteilt oder gar die Umschreibung im Grundbuch vollzogen ist. Vielmehr kann er/können sie verlangen, dass die Verbindlichkeiten vor der Teilung des Nachlasses vorab – notfalls durch Versilberung von Nachlassgegenständen, § 2046 Abs. 3 BGB – getilgt werden. Die Tilgung vor Auseinandersetzung ist schon wegen der weitergehenden Haftung nach der Auseinandersetzung gem. §§ 2058 ff. BGB für den Miterben wichtig (vgl. hierzu auch § 6 Rdn 66, 169). Soweit die übrigen Miterben für die Nachlassverbindlichkeit im Rahmen von § 2058 BGB haften, können sie den Anspruch ebenfalls gegen den oder die belasteten Miterben geltend machen.
Rz. 44
Bei Streit über Ausgleichungspflichten nach §§ 2050 ff. BGB soll nach einer Auffassung § 2046 Abs. 1 S. 2 BGB entsprechend gelten. Dies kann nicht überzeugen: Der Gesetzgeber hat in § 1967 Abs. 2 BGB die Nachlassverbindlichkeiten u.a. bestimmt als die "den Erben als solchen treffenden Verbindlichkeiten". Die Ausgleichungspflicht ist jedoch gerade keine Verbindlichkeit, sondern (lediglich) eine Berechnungsregel. Es ist nicht zu erkennen, dass der Gesetzgeber einerseits bei § 1967 BGB die Ausgleichungspflicht "versehentlich" nicht als Nachlassverbindlichkeit geregelt und dann auch noch bei § 2046 BGB übersehen haben soll, dass mit der Verwendung dieses Begriffes die Ausgleichungspflicht nicht erfasst wird. Ausgehend von der ratio legis besteht aber auch gar keine Notwendigkeit, § 2046 BGB entsprechend anzuwenden, denn der ausgleichungsberechtigte Miterbe läuft nicht Gefahr, nach der Auseinandersetzung "mit leeren Händen dazustehen": Da die Ausgleichung bei der Auseinandersetzung von dem noch verbliebenen Nachlass zu berücksichtigen ist, ist der auszukehrende Nachlass begriffsnotwendig immer ausreichend. Mag es vielleicht wünschenswert sein, die oft komplizierten und "streitintensiven" Fragen der Ausgleichungspflicht aus der Auseinandersetzung herauszuhalten, so gibt das Gesetz hierfür nichts her, weder direkt noch "entsprechend". Es bleibt den Erben aber natürlich freigestellt, insoweit einvernehmlich eine "Rückstellung" zu bilden; jedoch hat ein Erbe hierauf keinen klagbaren Anspruch (zur Ausgleichung ausführlich § 7).
Rz. 45
Jeder Miterbe kann darüber hinaus verlangen, dass Verbindlichkeiten, die zwar solche der Erbengemeinschaft, jedoch keine Nachlassverbindlichkeiten i.S.v. § 1967 BGB sind (Problematik der Nachlasserbenschulden, vgl. auch § 1967 BGB) vorab aus dem Nachlass beglichen werden, § 2042 Abs. 2 i.V.m. § 754 BGB.
Rz. 46
Nach § 2042 Abs. 2 i.V.m. § 756 BGB ka...