Rz. 21
Bei der Ungewissheit über Nachlassverbindlichkeiten bietet § 2045 BGB ebenfalls eine Ausnahme von § 2042 BGB und dem Recht eines Miterben, jederzeit die Auseinandersetzung zu verlangen. Die Berichtigung der Nachlassverbindlichkeiten und somit auch die notwendige, abschließende Feststellung der betroffenen Gläubiger finden sinnvollerweise vor der Teilung des Nachlasses statt. Um vor einer Teilung des Nachlasses (und den sich ergebenden Haftungskonsequenzen aus §§ 2058, 2059 BGB, vgl. hierzu § 6 Rdn 66 ff.) zunächst allen Miterben die Möglichkeit zu geben, die Nachlassgläubiger im Rahmen eines Aufgebotes festzustellen, gewährt § 2045 BGB jedem Miterben eine aufschiebende Einrede gegen den geltend gemachten Auseinandersetzungsanspruch. Die Vorschrift wird ergänzt durch die Regelung des § 2046 BGB, wonach jeder Miterbe vor der Auseinandersetzung die Begleichung der Nachlassverbindlichkeiten verlangen kann.
Rz. 22
Der Anspruch kann nicht durch Bestimmungen des Erblassers ausgeschlossen werden; der Erbe selbst kann jedoch freilich auf die Geltendmachung verzichten: Der Anspruch ist als Einrede durch den Miterben geltend zu machen und nicht etwa von Amts wegen zu beachten. Die Formulierung "kann" stellt klar, dass die Entscheidung einen Aufschub zu verlangen, allein beim Erben liegt. Voraussetzung für die Einrede nach § 2045 S. 1 BGB ist es, dass das Aufgebot bereits beantragt oder die öffentliche Aufforderung bereits erlassen ist. Ist dies nicht der Fall, muss der Miterbe dies "unverzüglich", also ohne schuldhaftes Zögern (§ 121 BGB Abs. 1 S. 1 BGB) nachholen, § 2045 S. 2 BGB. Zur Einrede des Aufgebotsverfahrens vgl. auch § 6 Rdn 164.
Rz. 23
Eine bereits eingereichte Klage auf Auseinandersetzung wird durch die Erhebung der Einrede nicht unbegründet; vielmehr erfolgt eine Aussetzung analog § 148 ZPO. Es hängt dann vom vorprozessualen Verhalten des Beklagten ab, ob ein sofortiges Anerkenntnis nach Fortsetzung des Verfahrens die Kostenfolge des § 93 ZPO nach sich ziehen kann. Unter dem Gesichtspunkt der Kostentragungspflicht dürfte es selten sinnvoll sein, gegen eine Auseinandersetzungsklage die Einrede nach § 2045 BGB entgegenzuhalten. Taktisch klüger wird es meist sein, auf eine Entscheidung zu drängen, während noch Nachlassverbindlichkeiten bestehen und dann der Auseinandersetzungsklage den Einwand des nicht teilungsreifen Nachlasses entgegenzuhalten. So wird der Prozess für den Kläger verloren und nicht lediglich analog § 148 ZPO ausgesetzt (vgl. zur Auseinandersetzungsklage auch § 9 Rdn 28 ff.). Die praktische Bedeutung des § 2045 BGB ist daher gering.