Martin vom Brocke, Katrin Hettinger
I. Sachschaden
Rz. 23
Gemäß § 117 Abs. 1 BBergG richtet sich der Umfang der Ersatzpflicht zum Ausgleich der Vermögensschäden nach den schadensersatzrechtlichen Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches. Es gelten also grundsätzlich die allgemeinen Regeln des Schadensersatzrechts gem. §§ 249 ff. BGB, sodass voller Schadensersatz, nicht dagegen nur Ersatz nach enteignungsgleichen Grundsätzen (angemessene Entschädigung in Geld) verlangt werden kann. Im Gegensatz zu anderen Gefährdungshaftungstatbeständen enthält § 117 BBergG für die Sachschäden auch keine betragsmäßig festgelegten Haftungshöchstgrenzen. Allerdings bestimmt § 117 Abs. 1 Nr. 2 BBergG im Fall der Sachbeschädigung eine Begrenzung auf die Höhe des gemeinen Wertes der beschädigten Sache. Unter gemeinem Wert ist der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr für eine Sache zu erzielende Preis anzusehen, also der objektive Tauschwert, den eine Sache für jedermann hat. Persönliche Verhältnisse des Geschädigten spielen keine Rolle. Er kann mithin keinen Ersatz dafür verlangen, dass die Sache in seinem Betrieb von besonderem Nutzen war oder sie zusammen mit anderen Gegenständen ein Ganzes bildete, sodass durch ihre Beschädigung auch die übrigen Sachen entwertet werden.
Rz. 24
Diese Haftungsbeschränkung wird allerdings durch den zweiten Halbsatz von § 117 Abs. 1 Nr. 2 BBergG wiederum wesentlich dadurch eingeschränkt, dass sie – vergleichbar der Regelung des § 10 Abs. 3 HaftPflG – nicht gilt für Beschädigungen von Grundstücken, deren Bestandteile und Zubehör. Insoweit besteht eine volle Haftung. Da in der Praxis Grundstücke, ihre Bestandteile sowie Zubehör in der Mehrzahl der Fälle das Schadensobjekt bilden, stellt die Haftungsbeschränkung auf den gemeinen Wert die Ausnahme dar.
Rz. 25
Weisen das Grundstück und seine Aufbauten Bergbauschäden auf, so ist neben den Ausbesserungskosten auch der merkantile Minderwert zu ersetzen, und zwar unabhängig davon, ob die Berechtigten das Grundstück veräußern oder nicht. Selbst wenn der Bergbau in dem betreffenden Gebiet wieder zur Ruhe kommt, sind Nachwirkungen nicht auszuschließen, so dass auch derjenige Minderwert ersetzt verlangt werden kann, der sich aus den in einem künftigen Zeitraum von mehreren Jahren zu erwartenden Schädigungen ergibt. Er setzt in der Regel erhebliche Schädigungen voraus, die aber nicht notwendigerweise die Statik des Gebäudes wesentlich betreffen müssen. Bei der Bemessung dieses merkantilen Minderwerts kann die Schadenshöhe nach § 287 ZPO geschätzt werden.
Rz. 26
Problematisch ist demgegenüber, ob auch dann ein merkantiler Minderwert zu entschädigen ist, wenn ein sonstiger bergbaulicher Defekt an dem Hausgrundstück noch nicht eingetreten ist. Der Veräußerer eines Hauses bringt etwa vor, er habe das Hausgrundstück weit unter dem sonst gegebenen Verkehrswert verkaufen müssen, weil das betreffende Grundstück jetzt in einem Bergbaugebiet liege.
Rz. 27
Diese Frage wird man unter der Geltung des § 117 BBergG verneinen müssen. Bereits aus dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung (§ 114 BBergG: "Sache beschädigt"; § 117 Abs. 1 Nr. 2 BBergG: "Im Falle einer Sachbeschädigung") ergibt sich als Haftungsvoraussetzung ein Eingriff in die Integrität der Sache, also ein Sachsubstanzschaden. Daran fehlt es, wenn der Schaden sich als Minderung des Verkehrswertes nur dadurch ergibt, dass das betreffende Grundstück in einem Bergbaugebiet liegt, konkrete Schäden aber noch gar nicht eingetreten sind. Ein derart allgemeiner Vermögensschaden wird durch § 114 BBergG – wie auch etwa von § 823 Abs. 1 BGB – nicht erfasst. Dagegen soll nach dem OLG Köln jedenfalls nach dem früheren landesrechtlichen ABG der Schaden, der aus dem Verlust der Bebaubarkeit eines Grundstücks – ohne dass es bereits zu einer Substanzschädigung gekommen sei – resultiert, ersatzfähig sein.
Rz. 28
Auch der Schutzzweck der Norm erfordert nicht die Abdeckung derartiger Schäden. Vielmehr hat der Gesetzgeber in §§ 110–112 BBergG Sonderregelungen eingeführt über Anpassungspflicht, Sicherungsmaßnahmen und die Bauwarnung. Diese regeln die Vermeidung und den Ersatz erst künftig drohender und nur möglicher Bergschäden. So hat der Bergbauunternehmer gem. § 113 Abs. 1 BBergG vor der Errichtung einer baulichen Anlage eine Bauwarnung gegenüber dem Bauherren auszusprechen, wenn ein anderweitiger Schutz baulicher Anlagen nach §§ 110, 111 BBergG nicht oder nur mit unverhältnismäßigen Aufwendungen möglich ist. Kann infolge einer derartigen Bauwarnung ein Grundstück nicht oder nur in geringerem Umfang als sonst zulässig bebaut werden, so hat der Bergbauunternehmer gemäß § 113 Abs. 3 BBergG Ersatz für die Minderung des Verkehrswertes dieses Grundstücks zu leisten. Der Ausgleichsanspruch für Wertminderungen wegen künftiger Schäden ist somit abschließend in den §§ 110–113 BBergG geregelt. Diese Wertung darf nicht durch die pauschale Gewährung von Schadensersatz in Form der Wertminderung über § 114 BBergG unterlaufen werden, nur weil das betroffene Grundstück in einem Be...