Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 407
Die einstweilige Anordnung tritt nach § 56 Abs. 1 bei Wirksamwerden einer anderweitigen Regelung außer Kraft, es sei denn, das Gericht hat einen früheren Zeitpunkt bestimmt. Erforderlich ist dafür die Rechtskraft einer anderweitigen Regelung in der betreffenden Unterhaltssache. Dies hat der Gesetzgeber nunmehr in § 56 Abs. 1 S. 2 FamFG eindeutig angeordnet, um einen regellosen Zustand für den schutzbedürftigen Unterhaltsgläubiger zu vermeiden.
Das Außerkrafttreten der einstweiligen Unterhaltsanordnung tritt im Falle des Ehegattenunterhalts hingegen nicht durch Scheidung ein, weil der Grundsatz der Nichtidentität (Trennungsunterhalt und Nachscheidungsunterhalt sind verschiedene Streitgegenstände) für den Titel der einstweiligen Anordnung ohne Bedeutung ist.
Rz. 408
Mitunter wird aber auch vertreten, die Wirkung der einstweiligen Unterhaltsanordnung könne nicht weitergehen wie die Hauptsache. Habe das Familiengericht zum Trennungsunterhalt eine einstweilige Unterhaltsanordnung erlassen und werde später die Ehe rechtskräftig geschieden, so trete die Unterhaltsanordnung damit außer Kraft.
Eine etwas einschränkende Meinung erklärt, zumindest auf Antrag nach § 54 Abs. 1 FamFG sei die einstweilige Anordnung aufzuheben, da mit Rechtskraft der Scheidung der Trennungsunterhalt beendet ist. Die Scheidung selbst sei dagegen keine anderweitige Regelung nach § 56 FamFG.
Diese Auffassungen verkennen, dass die einstweilige Anordnung hauptsacheunabhängig ist, also unabhängig von einem Hauptsacheverfahren beantragt werden kann.
Rz. 409
Auch wenn nach § 49 Abs. 1 FamFG die einstweilige Anordnung "nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt" sein muss, tritt keine derart enge Bindung an den Trennungsunterhalt nach § 1361 BGB ein, dass mit Rechtskraft der Scheidung die einstweilige Unterhaltsanordnung allein oder auf einen Antrag nach § 54 Abs. 1 FamFG hin ihre Wirkung einbüßt.
Der Gesetzgeber hat diese Bindung nicht gewollt und bewusst aufgegeben; bezweckt wird, dass Hauptsacheverfahren aufgrund einstweiliger Anordnungen entbehrlich werden. Ist der Unterhaltsberechtigte daher mit der einstweiligen Unterhaltsanordnung einverstanden, muss nach Rechtskraft der Scheidung keine "nacheheliche" Unterhaltsanordnung beantragt werden, vielmehr gilt die bisherige fort. Die einstweilige Unterhaltsanordnung nach § 246 FamFG wird nur durch eine anderweitige Regelung, außer Kraft gesetzt (vgl. § 56 Abs. 1 FamFG). So beseitigt der erfolgreiche negative Feststellungsantrag des Unterhaltspflichtigen ebenso wie der umgekehrte Leistungsantrag des Unterhaltsberechtigten im Hauptsacheverfahren den Bestand der vorausgegangenen inhaltsgleichen einstweiligen Anordnung.
Rz. 410
Die einstweilige Anordnung tritt in Unterhaltssachen nach § 56 Abs. 2 FamFG auch dann außer Kraft, wenn
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der Antrag in der Hauptsache zurückgenommen wird, |
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der Antrag in der Hauptsache rechtskräftig abgewiesen ist, |
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die Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt wird oder |
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die Erledigung der Hauptsache anderweitig eingetreten ist. |
Kommt es daher aufgrund der oben angegebenen Fallgruppen im deckungsgleichen Hauptsacheverfahren nicht zu einer anderweitigen Regelung, tritt die einstweilige Unterhaltsanordnung ebenso außer Kraft.
Eine anderweitige Erledigung der Hauptsache im Sinne von § 56 Abs. 2 Nr. 4 FamFG ist etwa der Tod des Unterhaltsberechtigten.
Die Regelung des § 56 Abs. 2 FamFG ist nicht abschließend. Die Beteiligten können etwa im Rahmen eines Vertrages (Scheidungsfolgenvereinbarung) ein Außerkrafttreten privatautonom bestimmen.