Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
a) Die Begründungspflicht
Rz. 451
§ 117 Abs. 1 S. 1 FamFG statuiert abweichend von § 65 FamFG eine allgemeine Begründungspflicht für Beschwerden in Unterhaltssachen. Danach muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Diese Verpflichtung beruht auf der auch in zweiter Instanz grds. geltenden Parteimaxime. § 68 Abs. 3 FamFG verweist für den Gang des weiteren Beschwerdeverfahrens auf die erstinstanzlichen Verfahrensvorschriften in Ehe- und in Familienstreitsachen, also grds. auf die Vorschriften der ZPO. Eine Überprüfung der Entscheidung von Amts wegen findet nicht statt; der Beschwerdeführer muss vielmehr durch den obligatorischen Sachantrag bezeichnen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreift und welche Gründe er hierfür ins Feld führt. Die Beschwerde ist nach § 117 Abs. 1 S. 2 FamFG dem Beschwerdegericht gegenüber zu begründen.
Die Beschwerde kann nach § 65 Abs. 3 FamFG auf neue Beweismittel und Tatsachen gestützt werden. Damit eröffnet die Beschwerde – und dies gilt auch für Unterhaltssachen – eine volle zweite Tatsacheninstanz.
Rz. 452
Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Beschwerdebegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Beschwerdeführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben. Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmte Punkte des angefochtenen Beschlusses der Beschwerdeführer bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe ihnen im Einzelnen entgegensetzt.
Rz. 453
Die entsprechende Anwendung der für die Berufungsbegründung maßgeblichen Vorschrift des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO ergibt sich daraus, dass § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält. Es beurteilt sich daher nach allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb muss auf § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO zurückgegriffen werden können, auch wenn § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG nicht auf diese Vorschrift verweist.
Rz. 454
Praxistipp
Hat das erstinstanzliche Familiengericht die Abweisung eines Antrags auf mehrere voneinander unabhängige und selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerdebegründung jede tragende Erwägung angreifen.
Hat das Familiengericht etwa einen Unterhaltsantrag wegen fehlender Bedürftigkeit, fehlender Leistungsfähigkeit und Verwirkung abgelehnt, so muss mit der Beschwerde vorgetragen werden, dass Bedürftigkeit besteht, Leistungsfähigkeit vorhanden ist und der Anspruch auch nicht verwirkt wurde.
Einfacher ist es, wenn das Familiengericht einen Unterhaltsantrag bejahte und der Unterhaltsschuldner dagegen vorgehen will. In einem solchen Fall reicht es, wenn er entweder vorträgt, es bestehe keine Bedürftigkeit oder alternativ, er sei nicht leistungsfähig, bzw. das Gericht habe eine etwaige Verwirkung übersehen.
b) Der Sachantrag
Rz. 455
Der Sachantrag i.S.v. § 117 Abs. 1 S. 1 FamFG kann wie folgt formuliert werden:
Muster 8.12: Sachantrag
Muster 8.12: Sachantrag
Sachantrag des Antragstellers
Der Unterhaltsbeschluss des Amtsgerichts _________________________ – Familiengericht – vom _________________________, Az.: _________________________, wird wie folgt geändert:
Der Antragsteller wird verpflichtet, an die Antragsgegnerin über den im angefochtenen Beschluss zugesprochenen Unterhalt in Höhe von monatlich _________________________ EUR hinaus, einen weiteren zum Ersten eines jeden Monats im Voraus zu leistenden Unterhalt in Höhe von _________________________ EUR zu zahlen.
oder
Sachantrag des Antragsgegners
Der Unterhaltsbeschluss des Amtsgerichts _________________________ – Familiengericht – vom _________________________, Az.: _________________________, wird wie folgt geändert:
Der Unterhaltsantrag wird abgewiesen.
c) Die Beschwerdebegründungsfrist, § 117 Abs. 1 S. 3 FamFG
Rz. 456
Nach § 117 Abs. 1 S. 3 FamFG beträgt die Frist zur Begründung der Beschwerde in Unterhaltssachen zwei Monate. Die Regelung ist angelehnt an § 520 Abs. 2 ZPO, dessen entsprechende Geltung i.Ü. in § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG angeordnet wird. Die Beschwerdebegründungsfrist beginnt mit der – von Amts wegen zu erfolgenden – Zustellung des in vollständiger schriftlicher Form abgefassten Beschlusses, spätestens aber, wenn eine schriftliche Bekanntgabe nicht erfolgt, mit Ablauf von fünf Monaten nach Erlass des Beschlusses.
Die Beschwerdebegründungsfrist kann nach § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG; § 520 Abs. 2 S. 2 ZPO verlängert werden, sofern der entsprechende Antrag noch innerhalb der Frist bei Gericht eingeht. Allerdings ist eine Verlängerung aufgrund eines verspätet eingegangenen Antrags wegen der mit Fristablauf eintretenden Rechtskraft nicht möglich. Die Verlängerung muss auch nicht so rechtzeitig beantragt werden, dass der Vorsitzende hierüber nach dem gewöhnlichen Geschäftsgang noch vor Ablauf der Frist entscheiden kann. Der Einwurf in den Nachtbriefkasten genügt daher.
Rz. 457
...