Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
a) Aufenthalt des Antragsgegners
Rz. 16
§ 232 Abs. 3 S. 1 FamFG verweist für den Fall, dass eine Zuständigkeit nach Abs. 1 nicht gegeben ist, auf die Vorschriften der ZPO zur örtlichen Zuständigkeit (vgl. §§ 12 ff. ZPO). Aus Gründen der Vereinheitlichung tritt in den Vorschriften über den allgemeinen Gerichtsstand der gewöhnliche Aufenthalt an die Stelle des Wohnsitzes. Damit ist das (isolierte) Unterhaltsverfahren, falls eine Zuständigkeit nach § 232 Abs. 1 FamFG nicht zu begründen ist, bei dem Familiengericht einzuleiten, bei welchem der Antragsgegner seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat.
b) Temporärer Wahlgerichtsstand bei Anhängigkeit des Kindesunterhalts
Rz. 17
Die Geltendmachung von Kindesunterhalt (§§ 1601 ff. BGB) sowie eines Anspruchs, der eine durch die Ehe begründete gesetzliche Unterhaltspflicht betrifft (§§ 1361 Abs. 1, 1569 ff. BGB), oder wegen eines Anspruchs nach § 1615l BGB kann verschiedene Gerichtsstände zur Folge haben.
Solange ein Verfahren zum Unterhalt für ein minderjähriges Kind in erster Instanz anhängig ist, können die zuvor genannten Verfahren des (i.d.R. das minderjährige Kind betreuenden) Elternteils auch bei dem Gericht erhoben werden, bei dem ein Verfahren über den Unterhalt des (gemeinsamen) Kindes anhängig ist, vgl. § 232 Abs. 3 Nr. 1 FamFG. Es handelt sich entsprechend dem Wortlaut um einen Wahlgerichtsstand. Hierdurch kann der Unterhalt begehrende Elternteil sicherstellen, dass über beide Unterhaltsansprüche von demselben Gericht entschieden wird, das regelmäßig beide Verfahren verbinden wird, § 147 ZPO.
c) Unterhaltspflicht beider Eltern, § 232 Abs. 3 Nr. 2 FamFG
Rz. 18
Die Vorschrift begründet einen Wahlgerichtsstand der Streitgenossenschaft. Gegenstand des Verfahrens muss die Unterhaltspflicht der Eltern gegenüber dem Kinde sein. Dadurch wird Kindern die Wahl ermöglicht, gegen beide Elternteile vor einem Gericht einen Unterhaltsantrag zu stellen, bei dem entweder der eine oder andere Elternteil einen Gerichtsstand hat. Die Erleichterung der Rechtsverfolgung der Kinder wird von sozialpolitischen Erwägungen getragen. So führt das gegen beide Elternteile an einem Gerichtsstand erhobene Unterhaltsverfahren zur Kostenersparnis und ausgeglichenen Festsetzung der jeweils geschuldeten Unterhaltsbeträge (§ 1606 Abs. 3 S. 1 BGB) und damit insgesamt zur sachgerechten und beschleunigten Entscheidung der erfassten Streitigkeiten.
Rz. 19
Soweit der gerichtliche Unterhaltsantrag eines minderjährigen Kindes zu beurteilen ist, geht der ausschließliche Gerichtsstand des § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG vor. Etwas anderes gilt jedoch dann, wenn das Kind oder ein Elternteil seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, § 232 Abs. 1 Nr. 2 aE FamFG.
Das im Gerichtsstand des § 232 Abs. 3 Nr. 2 FamFG erhobene Unterhaltsverfahren muss sich gegen beide Eltern des Kindes gemeinschaftlich richten. Dabei genügt die nachträgliche Einbeziehung des anderen Elternteils in das bereits rechtshängig gemachte Unterhaltsverfahren gegen einen Antragsgegner, weil der Antragsteller seine Wahlbefugnis auf diesem Wege bereits ausgeübt hat. Unbeachtlich ist das Ausscheiden eines Antragsgegners nach Rechtshängigkeit, § 261 Abs. 3 Nr. 2 ZPO. Dies gilt auch dann, wenn dies der zuständigkeitsbegründende Elternteil war.
Rz. 20
Beispielhaft ist für die Vorschrift des § 232 Abs. 3 Nr. 2 FamFG das von einem Studenten gegen seine getrenntlebenden Eltern eingeleitete Unterhaltsverfahren. Studiert das 22-jährige Kind etwa in Bonn, während der Vater in Köln sowie die Mutter in Berlin leben, so kann das Kind das Verfahren gegen beide Elternteile in Köln beim Familiengericht einleiten.
d) Gewöhnlicher Aufenthalt des Antragsgegners im Ausland, § 232 Abs. 3 Nr. 3 FamFG
Rz. 21
Die Rechtsverfolgung wäre erheblich erschwert, wenn Unterhaltsansprüche im Ausland verfolgt werden müssten, weil der Antragsgegner dort seinen gewöhnlichen Aufenthalt unterhält. Die Regelung des § 232 Abs. 3 Nr. 3 FamFG bezweckt zur Vermeidung dieses Nachteils eine Erleichterung bei der Geltendmachung solcher Ansprüche, in dem sie bei Unterhaltssachen einen Antragstellerwahlgerichtsstand verfügbar macht.