Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 228
Ob ein Abänderungsantrag oder ein Leistungsantrag zu stellen ist, richtet sich nach Art und Umfang des jeweiligen Titels. Im Gegensatz zum Abänderungsantrag besteht bei einem Leistungsantrag weder eine Bindungswirkung an früher getroffene Feststellungen noch eine Präklusion. Entscheidend für die Wahl des statthaften Antrags ist, ob eine Endentscheidung des Gerichts die nach § 238 Abs. 1 S. 1 FamFG vorausgesetzte Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen enthält und somit Rechtskraft für die Zukunft entfaltet.
Diese Voraussetzung ist nicht erfüllt, wenn eine etwa wegen fehlender Bedürftigkeit oder Leistungsunfähigkeit vollabweisende Unterhaltsentscheidung vorliegt. Eine Prognosewirkung und somit Rechtskraft für die Zukunft entfaltet ein solcher Abweisungsbeschluss gerade nicht. Ändert sich die Sach- und Rechtslage nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens, ist der Unterhaltsberechtigte nicht daran gehindert, erneut Unterhalt geltend zu machen. Grundlage des Antrags ist ein neuer Lebenssachverhalt, dem die Rechtskraft der vorausgegangenen Entscheidung nicht entgegensteht. Demnach ist der Leistungsantrag nach § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 253, 258 ZPO ist der statthafte Rechtsbehelf.
Rz. 229
Selbiges gilt bei einer teilabweisenden Entscheidung, welche zwar Unterhaltsrückstände zuspricht, einen Anspruch auf laufenden Unterhalt zum Schluss der letzten Tatsachenverhandlung jedoch verneint. Eine Prognose über die in Zukunft voraussichtlich bestehenden Lebensverhältnisse wird gerade nicht getroffen, so dass auch hier dem allgemeinen Leistungsantrag nach § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 253, 258 ZPO eine in die Zukunft reichende Rechtskraft nicht entgegensteht.
Spricht die teilabweisende Entscheidung dagegen Unterhalt für einen bestimmten künftigen Zeitraum zu und versagt einen Unterhaltsanspruch für den Folgezeitraum, etwa wegen Wegfalls der Bedürftigkeit, ist der Abänderungsantrag nach § 238 FamFG zu erheben. Hier liegt die Prognose vor, dass die zukünftige Entwicklung zu einem Wegfall des Anspruchs führen werde. Die Rechtskraft dieser Prognose stünde dem allgemeinen Leistungsantrag entgegen.
Rz. 230
Wurde ein durch Entscheidung titulierter Unterhalt im Wege des Abänderungsverfahrens nach § 238 FamFG durch rechtskräftige Entscheidung teilweise oder völlig aberkannt, muss der Unterhaltsberechtigte für den Fall einer erneuten Geltendmachung ebenfalls einen Abänderungsantrag nach § 238 FamFG stellen. Dies widerspricht eigentlich dem Wortlaut der Vorschrift. Jedoch stellt auch eine solche Abänderungsentscheidung den Rechtszustand für die Zukunft fest, da sie sowohl im Fall der teilweisen als auch vollständigen Reduzierung des Unterhalts eine Prognose über die künftige Entwicklung anstellt. Tritt in der Folge eine Änderung der für diese Prognose maßgeblichen Umstände ein, kann die erneute Anpassung der Entscheidung nur durch einen Abänderungsantrag nach § 238 FamFG herbeigeführt werden.
Auch für die einen Abänderungsantrag abweisende Entscheidung, welche eine vorausgegangene, zum Unterhalt verpflichtende Entscheidung bestätigt, sind diese Grundsätze zu beachten. Wurde in der abweisenden Entscheidung die im ursprünglichen Verfahren getroffene Prognose aktualisiert und die künftige Entwicklung der Verhältnisse vorausschauend berücksichtigt, liegt darin eine für die Überprüfung einer etwaigen Präklusion nach § 238 Abs. 2 FamFG maßgebliche Hauptsacheentscheidung des Gerichts im Sinne von § 238 Abs. 1 FamFG. Zur Abänderung ist die Geltendmachung einer abweichenden Entwicklung der für die Prognose maßgeblichen Verhältnisse erforderlich, weshalb ein neuer Abänderungsantrag zu stellen ist.
Rz. 231
Stellt eine als Erstentscheidung ergangene Feststellungsentscheidung fest, dass eine Verpflichtung zum Unterhalt nicht besteht, ist wie im Falle der Abweisung eines Leistungsantrags zu verfahren. Der Unterhaltsberechtigte muss einen Leistungsantrag nach § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 253, 258 ZPO stellen, diesen jedoch auf eine wesentliche Änderung der Sach- und Rechtslage stützen, um die entgegenstehende Rechtskraft der Erstentscheidung zu durchbrechen.
Rz. 232
Die Abweisung eines Feststellungsantrags ist dagegen wie eine Entscheidung zu behandeln, welche eine Verpflichtung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen im Sinne des § 238 Abs. 1 FamFG enthält. Statthafter Rechtsbehelf ist hier für beide Beteiligte der Abänderungsantrag.
Wurde in einem gerichtlichen Vergleich die Unterhaltsverpflichtung nur für einen befristeten Zeitraum vereinbart, weil die Beteiligten von einem Wegfall des Unterhaltsanspruchs für die Zeit danach mangels Bedürftigkeit ausgingen, kann der erneut Unterhalt Begehrende einen allgemeinen Leistungsantrag nach § 113 Abs. 1 FamFG, §§ 253, 258 ZPO stellen.
Rz. 233
Dieser ist auch die richtige Antragsart bei Vergleichen, in denen dem Unterhaltsgläubiger ein titulierter Unterhalt aberkannt wird. Nach § 239 Abs. 1 S. 1 ...