Rz. 451

§ 117 Abs. 1 S. 1 FamFG statuiert abweichend von § 65 FamFG eine allgemeine Begründungspflicht für Beschwerden in Unterhaltssachen. Danach muss der Beschwerdeführer einen bestimmten Sachantrag stellen und diesen begründen. Diese Verpflichtung beruht auf der auch in zweiter Instanz grds. geltenden Parteimaxime. § 68 Abs. 3 FamFG verweist für den Gang des weiteren Beschwerdeverfahrens auf die erstinstanzlichen Verfahrensvorschriften in Ehe- und in Familienstreitsachen, also grds. auf die Vorschriften der ZPO. Eine Überprüfung der Entscheidung von Amts wegen findet nicht statt; der Beschwerdeführer muss vielmehr durch den obligatorischen Sachantrag bezeichnen, in welchem Umfang er die erstinstanzliche Entscheidung angreift und welche Gründe er hierfür ins Feld führt. Die Beschwerde ist nach § 117 Abs. 1 S. 2 FamFG dem Beschwerdegericht gegenüber zu begründen.

Die Beschwerde kann nach § 65 Abs. 3 FamFG auf neue Beweismittel und Tatsachen gestützt werden. Damit eröffnet die Beschwerde – und dies gilt auch für Unterhaltssachen – eine volle zweite Tatsacheninstanz.

 

Rz. 452

Nach § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 ZPO muss die Beschwerdebegründung die Umstände bezeichnen, aus denen sich nach Ansicht des Beschwerdeführers die Rechtsverletzung und deren Erheblichkeit für die angefochtene Entscheidung ergeben.[651] Dazu gehört eine aus sich heraus verständliche Angabe, welche bestimmte Punkte des angefochtenen Beschlusses der Beschwerdeführer bekämpft und welche tatsächlichen oder rechtlichen Gründe ihnen im Einzelnen entgegensetzt.

 

Rz. 453

Die entsprechende Anwendung der für die Berufungsbegründung maßgeblichen Vorschrift des § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO ergibt sich daraus, dass § 117 FamFG keine speziellen Regelungen zum Inhalt der Beschwerdebegründung enthält. Es beurteilt sich daher nach allgemeinen Grundsätzen, ob ein Beschwerdeantrag hinreichend bestimmt und ausreichend begründet ist. Deshalb muss auf § 520 Abs. 3 S. 2 ZPO zurückgegriffen werden können, auch wenn § 117 Abs. 1 S. 4 FamFG nicht auf diese Vorschrift verweist.[652]

 

Rz. 454

 

Praxistipp

Hat das erstinstanzliche Familiengericht die Abweisung eines Antrags auf mehrere voneinander unabhängige und selbstständig tragende rechtliche Erwägungen gestützt, muss der Beschwerdeführer mit seiner Beschwerdebegründung jede tragende Erwägung angreifen.[653]

Hat das Familiengericht etwa einen Unterhaltsantrag wegen fehlender Bedürftigkeit, fehlender Leistungsfähigkeit und Verwirkung abgelehnt, so muss mit der Beschwerde vorgetragen werden, dass Bedürftigkeit besteht, Leistungsfähigkeit vorhanden ist und der Anspruch auch nicht verwirkt wurde.

Einfacher ist es, wenn das Familiengericht einen Unterhaltsantrag bejahte und der Unterhaltsschuldner dagegen vorgehen will. In einem solchen Fall reicht es, wenn er entweder vorträgt, es bestehe keine Bedürftigkeit oder alternativ, er sei nicht leistungsfähig, bzw. das Gericht habe eine etwaige Verwirkung übersehen.

[651] BGH FamRZ 2021, 1399.

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