Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 294
Auch die Änderung fiktiver Verhältnisse kann einen Abänderungsantrag nach § 238 FamFG rechtfertigen. Das ist der Fall, wenn sich die Prognose, welche der vorausgegangenen Endentscheidung des Gerichts zugrunde liegt, tatsächlich nicht oder abweichend verwirklicht. So kann eine fehlgeschlagene Prognose über die Entwicklung der Einkünfte des Unterhaltsschuldners über ein Abänderungsverfahren korrigiert werden.
Allerdings ist die Abänderung eines wegen mutwilliger Aufgabe einer gut bezahlten Arbeitsstelle auf fiktiver Grundlage ergangenen Beschlusses nicht bereits mit der Behauptung zulässig, der die Abänderung begehrende Antragsteller genüge inzwischen seiner Erwerbsobliegenheit, verdiene aber weniger als zuvor. Erforderlich ist vielmehr, dass der Antragsteller geltend macht, er hätte die frühere Arbeitsstelle inzwischen aus anderen Gründen verloren.
Rz. 295
Wird ein unselbstständig tätiger Unterhaltsschuldner arbeitslos, so rechtfertigt dies die Erhebung eines Abänderungsantrags jedenfalls dann, wenn es ihm innerhalb angemessener Frist nicht gelungen ist, unter Ausnutzung aller Möglichkeiten wieder eine neue Stelle zu finden. Wie lange nach Eintritt der Arbeitslosigkeit mit der Erhebung eines Abänderungsantrags gewartet werden muss, bleibt der Beurteilung im Einzelfall vorbehalten, wobei die jeweiligen Umstände maßgebend sind, wie Alter und Gesundheitszustand des Unterhaltsschuldners, Art des erlernten oder des zuletzt ausgeübten Berufs und die Besonderheiten der jeweiligen Branche.
Rz. 296
Hat eine gerichtliche Endentscheidung die Zurechnung eines fiktiven Einkommens zum Gegenstand, ist nachträglich nur dann eine Anpassung an die tatsächlichen Verhältnisse zu rechtfertigen, wenn der Unterhaltsschuldner in der unterhaltsrechtlich gebotenen Weise darlegt und beweist, dass er keine Arbeitsstelle mit dem unterstellten Einkommen erlangen konnte.
Prognostiziert das Gericht in der vorausgegangenen Endentscheidung zukünftig zu erzielende Provisionen für vorangegangene Geschäftsabschlüsse des Unterhaltsschuldners, die erst nach und nach fällig werden, ist eine Abänderung ab dem Zeitpunkt möglich, ab dem sich eine derartige Annahme als nicht haltbar erweist.
Wurde dem Unterhaltsschuldner im vorausgegangenen Verfahren ein fiktives Einkommen aus vollschichtiger Tätigkeit zugerechnet, weil dieser unterhaltsrechtlich leichtfertig Altersteilzeit in Anspruch genommen hat, so ist – wenn und soweit ihm dadurch Rentennachteile entstehen, die nicht durch versorgungswirksame Entschädigungen des Arbeitgebers kompensiert werden – dem Unterhaltsschuldner im Abänderungsverfahren ab Erreichen der Regelaltersgrenze für den Bezug von Altersrente fiktiv ein Renteneinkommen in der Höhe zuzuschreiben, in der er es bezöge, hätte er nicht Altersteilzeit in Anspruch genommen.
Rz. 297
Auch bei einer auf einer Einkommensfiktion basierenden Anerkenntnisentscheidung kann eine Abänderung beantragt werden mit der Begründung, dass die der Verpflichtung zugrunde liegende Prognose gerade aufgrund einer nachträglichen Veränderung der tatsächlichen Verhältnisse nicht (mehr) gerechtfertigt ist.