Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 219
Unterhaltsansprüche werden zweckmäßigerweise als monatliche Geldrente festgelegt und tituliert. Dies geschieht vornehmlich durch gerichtliche Entscheidung nach § 113 Abs. 1 FamFG, § 258 ZPO, durch gerichtlichen Vergleich, durch Jugendamtsurkunde oder durch notarielle Urkunde. Bei all diesen Titulierungsformen werden die gegenwärtigen Verhältnisse sowie deren prognostizierte Entwicklung zugrunde gelegt. Letzteres ist notwendig, da zum Zeitpunkt der Titulierung die künftigen Unterhaltsansprüche weder entstanden noch fällig sind.
I. Abänderungsvorschriften
Rz. 220
Eine Veränderung der maßgeblichen Verhältnisse führt dazu, dass der titulierte Unterhaltsbetrag nicht mehr der gegebenen Sach- und Rechtslage entspricht. Somit ist die Abänderung des jeweiligen Titels veranlasst.
Hierfür stehen nach dem FamFG drei Vorschriften zur Verfügung, welche für die verschiedenen Arten von Unterhaltstiteln jeweils verschiedene Anpassungsregeln enthalten:
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§ 238 FamFG – Abänderung gerichtlicher Entscheidungen |
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§ 239 FamFG – Abänderung von Vergleichen und Urkunden |
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§ 240 FamFG – Abänderung von Entscheidungen nach den §§ 237, 253 FamFG. |
Rz. 221
Demnach erfolgt die Abänderung von gerichtlichen Entscheidungen durch einen Antrag nach § 238 FamFG. Die Abänderung eines gerichtlichen Vergleichs oder einer vollstreckbaren Urkunde findet durch einen Antrag nach § 239 FamFG statt, während für Unterhaltsentscheidungen nach den §§ 237, 253 FamFG ein Antrag nach § 240 FamFG erforderlich ist. Die inhaltlichen Voraussetzungen der jeweiligen Vorschriften sind unterschiedlich ausgestaltet. Auch gilt es, eine strikte Abgrenzung dieser Abänderungsmöglichkeiten von weiteren möglichen, außerhalb des FamFG liegenden Möglichkeiten zur Abänderung oder Beseitigung von Unterhaltstiteln vorzunehmen.
Die Abänderung von Unterhaltstiteln ist in der Praxis von höchster Relevanz. Um Fehler in der anwaltlichen Arbeit zu vermeiden, sind grundlegende Kenntnisse des Abänderungsrechts unbedingt erforderlich.
II. Anwendungsbereich
Rz. 222
Eine Abänderung kann gem. § 238 FamFG beantragt werden, wenn eine in der Hauptsache ergangene Endentscheidung des Gerichts eine Verpflichtung zu wiederkehrenden Leistungen enthält. Hierunter fällt auch jede Art von Endurteilen, welche gem. den bis zum 31.8.2009 anzuwendenden zivilprozessualen Vorschriften ergangen sind. Nicht statthaft ist der Antrag dagegen bei einem Beschluss, welcher im Verfahren der einstweiligen Anordnung erlassen worden ist. Dieser stellt zwar auch eine Endentscheidung dar, beinhaltet jedoch lediglich eine vorläufige Regelung, §§ 246 Abs. 1, 49 Abs. 1 FamFG.
Rz. 223
Der Abänderungsantrag nach § 238 FamFG ermöglicht ausnahmsweise die Durchbrechung der Rechtskraft vorangegangener Unterhaltsentscheidungen. Der Rechtsnatur nach handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Gestaltungsantrag, da die Entscheidung an die aktuell bestehende Rechtslage unter Berücksichtigung der eingetretenen Veränderung der entscheidungsrelevanten Verhältnisse angepasst wird. Aber auch als Leistungsantrag kann die Abänderung nach § 238 FamFG angesehen werden, wenn die Entscheidung erneut eine Verpflichtung zur Unterhaltszahlung beinhaltet.
Die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt kann mit bindender Wirkung für die Zukunft auch durch gerichtlichen Vergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO oder vollstreckbare Urkunde festgelegt werden. Bei diesen Titeln kann ein Abänderungsantrag nach § 239 FamFG gestellt werden. Nach § 239 Abs. 2 FamFG richten sich die weiteren Voraussetzungen und der Umfang der Abänderung nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts.
Rz. 224
Die Abänderung von Vergleichen und Urkunden, welche auf einer Vereinbarung beruhen, erfolgt somit über die Regeln zur Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB).
Bei Urkunden, welche einseitig errichtet wurden, ist allein eine Änderung der Sach- und Rechtslage für die Anpassung maßgeblich. Der Abänderungsantrag kann sowohl vom Unterhaltsberechtigten als auch vom Unterhaltsverpflichteten gestellt werden.
Für den Fall der Abweisung eines auf die Zahlung von Unterhalt gerichteten Erstantrags wird keine Rechtskraftwirkung für die Zukunft erzeugt. Einer solchen Entscheidung liegt für die Zukunft keine sachliche Beurteilung nach den voraussichtlich in der Zukunft bestehenden Verhältnissen zugrunde. Für einen Antrag nach § 238 FamFG besteht deshalb kein Bedarf, so dass ein allgemeiner Leistungsantrag gestellt werden kann.
Dieser ist auch die richtige Antragsart bei Vergleichen, durch welche ein Unterhalt nur für einen begrenzten Zeitraum festgelegt worden war oder in denen dem Unterhaltsgläubiger ein titulierter Unterhalt aberkannt wird.
Rz. 225
Bei einstweiligen Anordnungen besteht die Möglichkeit, eine Abänderung nach § 54 Abs. 1 FamFG zu beantragen. Außerdem kann nach § 52 Abs. 1 FamFG nach Erlass einer einstweiligen Anordnung auf Antrag eines Beteiligten das Hauptsacheverfahren eingeleitet werden. Nach § 52 Abs. 2 S. 3 FamFG hebt das Gericht die einstweilige Anordnung auf, wenn der Antragsteller ...