Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 308
Nach § 238 Abs. 2 FamFG kann der Abänderungsantrag nur auf Gründe gestützt werden, die nach Schluss der Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens entstanden sind und deren Geltendmachung durch Einspruch – beim Versäumnisbeschluss – nicht möglich ist oder war. Wie § 767 Abs. 2 ZPO wird § 238 Abs. 2 FamFG als Präklusionsvorschrift zur Sicherung der Rechtskraft der vorausgegangenen unanfechtbaren Entscheidung angesehen.
Die Möglichkeit, mit einem Abänderungsantrag in die Rechtskraft einzugreifen, soll im Interesse der Rechtssicherheit und Bestandskraft richterlicher Entscheidungen nur unter besonderen Voraussetzungen bestehen.
Rz. 309
Bei einer im schriftlichen Verfahren ergangenen Entscheidung ist der nach § 128 Abs. 2 S. 2 ZPO bestimmte Zeitpunkt maßgeblich, bei einer Beschwerdeentscheidung die letzte, in der Beschwerdeinstanz erfolgte mündliche Verhandlung. Wenn ein Beschwerdeverfahren stattgefunden hat, das Rechtsmittel aber vor Eintritt in die Sachverhandlung zurückgenommen worden ist, gilt als letzte Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens die Schlussverhandlung erster Instanz.
Bei mehreren aufeinanderfolgenden Abänderungsverfahren, die zu einer Abänderung geführt haben, ist für die Zeitschranke des § 238 Abs. 2 FamFG auf den Schluss der Tatsachenverhandlung des letzten Verfahrens abzustellen.
Rz. 310
Nach bisher geltender Rechtsprechung des BGH wurde Präklusion angenommen, wenn es der Gegner des früheren, auf Unterhaltserhöhung gerichteten Abänderungsverfahrens versäumt hat, die seinerzeit bereits bestehenden, für eine Herabsetzung sprechenden Gründe geltend zu machen.
Diese Rechtsprechung hat der BGH zwischenzeitlich aufgegeben. Ist demnach ein Abänderungsantrag des Unterhaltsgläubigers auf Erhöhung des durch Urteil oder Beschluss titulierten Unterhalts vollständig abgewiesen worden, so kann ein späterer Abänderungsantrag des Unterhaltsschuldners auf Herabsetzung nunmehr doch auch auf solche Tatsachen gestützt werden, die schon im vorausgegangenen Abänderungsverfahren zu berücksichtigen gewesen wären.
Dies betrifft nur Fälle der vollständigen Abweisung. Bei lediglich teilweiser Abweisung sind bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung vorliegende Abänderungsgründe nach § 238 Abs. 2 FamFG unverändert ausgeschlossen.
Rz. 311
Wie sich bereits aus dem Wortlaut des § 238 Abs. 2 FamFG ergibt, kommt es nach h.M. allein darauf an, wann der für die Abänderung maßgebliche Umstand tatsächlich eingetreten ist und nicht darauf, wann sein Entstehen vorausgesehen werden konnte. Hat beispielsweise die Unterhaltsgläubigerin zum Zeitpunkt des Schlusses der letzten Tatsachenverhandlung des vorausgegangenen Verfahrens oder vor Ablauf der Einspruchsfrist noch nicht zwei Jahre mit ihrem neuen Lebenspartner zusammengelebt, ist der Unterhaltsverpflichtete im Abänderungsverfahren mit dem Einwand gem. § 1579 Nr. 7 BGB nicht nach § 238 Abs. 2 FamFG ausgeschlossen.
Auch Steuern sind unterhaltsrechtlich grundsätzlich in der gegenwärtig entrichteten Höhe zu berücksichtigen. Wegen der erheblichen Unsicherheit, mit der eine Prognose behaftet ist, können spätere Änderungen in der Regel erst dann beachtet werden, wenn sie tatsächlich eingetreten sind. Der bereits im vorausgegangenen Verfahren vorhersehbare Wechsel der Steuerklasse ist deshalb im Abänderungsverfahren ebenfalls nicht präkludiert.
Selbiges gilt grundsätzlich auch bei einem vorhersehbaren Wechsel in eine höhere Altersstufe der Düsseldorfer Tabelle.
Rz. 312
Nach Ansicht des Kammergerichts dagegen darf ein Abänderungsantrag auf nach der mündlichen Verhandlung im Erstverfahren eingetretene, eine andere Unterhaltsbemessung rechtfertigende Tatsachen dann nicht gestützt werden, wenn bei der mündlichen Verhandlung im Erstverfahren feststand, dass diese Tatsachen in nächster Zukunft eintreten. Dies gelte auch, wenn ein Kind alsbald nach der mündlichen Verhandlung im Erstverfahren die nächste Altersstufe einer Tabelle erreicht. Dem lag jedoch ein unmittelbar bevorstehender Wechsel zugrunde. Letztendlich ist auch hier eine Abwägung der jeweiligen Umstände im Einzelfall vorzunehmen.
Rz. 313
Anders verhält es sich nach gefestigter Rechtsprechung des BGH bei einer Begrenzung oder Befristung des Unterhaltsanspruchs nach § 1578b BGB. Hat es danach der Gegner des früheren, auf Unterhaltserhöhung gerichteten Abänderungsantrags versäumt, die bereits bestehenden, für eine Herabsetzung sprechenden Gründe geltend zu machen, kann er auf diese Gründe kein neues Abänderungsverfahren stützen.
Die Entscheidung, dass der Unterhaltsanspruch von einem bestimmten Zeitpunkt an nach § 1578b BGB zu begrenzen ist, setzt nicht voraus, dass dieser Zeitpunkt bereits erreicht ist; soweit die betreffenden Gründe bereits eingetreten oder zuverlässig vorauszusehen sind, kann die Entscheidung über eine Unterhaltsbegrenzung wegen § 238 Abs. 2 FamFG deshalb grundsätzlich nicht einem Abänderungsantrag überlassen bleiben, sondern ist bereit...