Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 370
Der Vollstreckungsabwehrantrag ist begründet, wenn bei gegebener Sachbefugnis des Antragstellers eine Einwendung durchgreift, die den titulierten Unterhaltsanspruch selbst betrifft, und zusätzlich die Voraussetzungen nach § 767 Abs. 2 und Abs. 3 ZPO eingehalten sind.
1. Einwendungen
Rz. 371
Dabei muss es sich um Einwendungen handeln, welche den Anspruch mit unmittelbarer Wirkung und unabhängig von seiner Abänderbarkeit gemindert bzw. vernichtet haben.
Nach der gängigen Rechtsprechung zählen hierzu insbesondere
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der Schulderlass, Verzicht oder Vollstreckungsverzicht; |
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die Stundung, Verjährung und Verwirkung; |
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der Wegfall des Anspruchs auf Getrenntlebensunterhalt, wenn nach Rechtskraft der Ehescheidung die Zwangsvollstreckung fortgesetzt wird; |
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die Wiederverheiratung und Begründung einer Lebenspartnerschaft nach § 1586 BGB; |
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der Eintritt der Volljährigkeit des Kindes oder die Änderung der elterlichen Sorge, wenn trotz Wegfalls der elterlichen Verfahrensstandschaft weiter vollstreckt wird; |
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die fehlende Vollstreckbarkeit des Titels wegen unbestimmter Anrechnungsklausel; |
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die Erfüllung (Tilgung) oder entsprechende Erfüllungssurrogate; |
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der Einwand des Nichtbestehens der Vaterschaft nach § 1599 BGB durch den Scheinvater; |
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ein länger als drei Monate dauerndes Zusammenleben zum Zwecke der Versöhnung bei tituliertem Anspruch auf Trennungsunterhalt. |
Rz. 372
Bei der Behauptung, der Unterhaltsanspruch sei aufgrund eines Ausbildungsabschlusses des Unterhaltsgläubigers erloschen, handelt es sich um eine materiell-rechtliche Einwendung, die mit der Vollstreckungsabwehrklage geltend gemacht werden kann.
Auch der Fortfall der nach § 1629 Abs. 3 BGB bestehenden gesetzlichen Verfahrensstandschaft des, den Kindesunterhalt geltend machenden, Elternteils wird als Einwendung im Rahmen des § 767 Abs. 1 ZPO anerkannt, wenn der Titel auf Leistung an den Verfahrensstandschafter selbst lautet. Ebenso kann aus einer ursprünglich erfolgten Titulierung eines Barunterhaltsanspruchs des minderjährigen Kindes gegenüber seinem damals nichtehelichen Vater nach Heirat der Eltern und mehrjährigen Zusammenlebens der Familie unter Leistung von Betreuungs- und Naturalunterhalt nicht erneut vollstreckt werden.
Rz. 373
Keine Einwendungen sind die Änderung der Rechtsprechung oder der Entfall der Minderjährigkeit des unterhaltsberechtigten Kindes (§ 244 FamFG).
War ein Elternteil gesetzlicher Vertreter des Kindes und hat für das Kind einen Titel auf Zahlung von Kindesunterhalt gegen den anderen Elternteil erwirkt, ist er nach einer Übertragung der elterlichen Sorge auf den anderen Elternteil nicht mehr berechtigt, die Zwangsvollstreckung aus dem erwirkten Titel zu betreiben; dies gilt auch für die bis zum Obhutswechsel aufgelaufenen Unterhaltsrückstände. Setzt er die Zwangsvollstreckung dennoch fort, kann der andere Elternteil nicht mit der Vollstreckungsgegenklage dagegen vorgehen, weil der Wechsel der Vertretungsverhältnisse keine den materiellen Anspruch selbst betreffende Einwendung darstellt.
Der nunmehr sorgeberechtigte Elternteil kann aber gegen die Vollstreckung im Wege der Vollstreckungserinnerung nach § 120 Abs. 1 FamFG, § 766 ZPO geltend machen, dass das Kind in dem von dem früher sorgeberechtigten Elternteil betriebenen Zwangsvollstreckungsverfahren nicht ordnungsgemäß vertreten ist.
Rz. 374
Praxistipp
Ein nicht geltend gemachter Unterhaltsanspruch kann zwar grundsätzlich schon vor Eintritt der Verjährung und auch während der Hemmung nach § 207 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 BGB verwirkt sein.
Das bloße Unterlassen der Geltendmachung des Unterhalts oder der Fortsetzung einer begonnenen Geltendmachung kann das Umstandsmoment der Verwirkung jedoch nicht begründen.
2. Präklusion
Rz. 375
Nach § 767 Abs. 2 ZPO sind die Einwendungen nur insoweit zulässig, als die Gründe, auf denen sie beruhen, erst nach dem Schluss der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung entstanden sind. Entsprechend kann der Antrag nach einem Versäumnisbeschluss nur auf nach Ablauf der Einspruchsfrist entstandene Einwendungen gestützt werden.
Wurden bereits freiwillig geleistete Unterhaltszahlungen bei der Fassung des Urteilstenors nicht berücksichtigt, kann deren Berücksichtigung im Hinblick auf § 767 Abs. 2 ZPO nicht im Rahmen eines Vollstreckungsabwehrantrags erreicht werden. Vielmehr ist der in der gerichtlichen Entscheidung enthaltene Rechtsfehler im Beschwerdeverfahren zu korrigieren.
Die Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO greift bei Titeln ohne Rechtskraftwirkung wie geric...