Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 395
Der Erlass einer einstweiligen Unterhaltsanordnung setzt einen bestimmten vollstreckungsfähigen Antrag voraus. Insoweit unterscheidet sich die einstweilige Unterhaltsanordnung nicht von einem Hauptsacheverfahren bzw. Hauptsacheantrag.
Folgende Antragstellung ist möglich:
Muster 8.9: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterhaltsanordnung
Muster 8.9: Antrag auf Erlass einer einstweiligen Unterhaltsanordnung
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem _________________________, jeweils monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten Werktag des jeweiligen Monats, einen monatlichen Unterhalt in Höhe von _________________________ EUR zu zahlen.
Rz. 396
Nach § 51 Abs. 1 S. 2 FamFG hat der Antragsteller den gestellten Antrag zu begründen. Die Begründung muss die wesentlichen verfahrensrechtlichen und tatsächlichen Voraussetzungen enthalten. Die Voraussetzungen für die Anordnung sind nach § 51 Abs. 1 S. 2 FamFG glaubhaft zu machen. Die Glaubhaftmachung bestimmt sich in Unterhaltssachen nach § 113 Abs. 1 FamFG i.V.m. § 294 ZPO. Probate Möglichkeit der Glaubhaftmachung ist danach insbesondere die Versicherung an Eides statt.
Der Antrag kann den vollen Unterhalt geltend machen. Zwar gilt im Anordnungsverfahren grundsätzlich das Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache; der Gesetzgeber wollte jedoch mittels des Anordnungsverfahrens den Versuch unternehmen, Hauptsacheverfahren entbehrlich zu machen. Sind die Beteiligten mit dem Resultat des Anordnungsverfahrens daher einverstanden, muss ein weiteres Verfahren nicht stattfinden – dies ist jedoch nur zu erreichen, wenn der volle Unterhalt in diesem Verfahren beantragt werden kann.
1. Der Anordnungsgrund
Rz. 397
Grundsätzlich ist nach § 49 Abs. 1 FamFG ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden erforderlich. Diese Voraussetzung entspricht in ihrer Funktion etwa dem Verfügungsgrund für den Erlass einer einstweiligen Verfügung. Ob ein dringendes Bedürfnis anzunehmen ist, ist eine Frage des Einzelfalls. Es wird regelmäßig zu bejahen sein, wenn ein Zuwarten bis zur Entscheidung in einer etwaigen Hauptsache nicht ohne Eintritt erheblicher Nachteile möglich wäre.
In Unterhaltssachen weicht § 246 FamFG (als lex specialis) von § 49 FamFG ab, d.h. das Familiengericht kann durch einstweilige Anordnung auf Antrag die Verpflichtung zur Zahlung von Unterhalt oder zur Zahlung eines Kostenvorschusses für ein gerichtliches Verfahren regeln. Ein dringendes Regelungsbedürfnis ist nicht erforderlich, weil Unterhalt lebensnotwendig ist und sich damit die Eilbedürftigkeit von selbst versteht.
Rz. 398
Damit genügt als Anordnungsgrund ein "einfaches" Regelungsbedürfnis; selbst daran fehlt es in folgenden Fällen:
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Ein Unterhaltstitel liegt bereits vor. |
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Eine vorherige Zahlungsaufforderung fehlt. |
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Unterhalt für die Vergangenheit kann nicht durch einstweilige Anordnung geregelt werden (nur für die Zeit ab Antragseingang). |
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Der Unterhaltsschuldner zahlt freiwillig den Unterhalt und es kann angenommen werden, dass er dies auch weiterhin tun wird (ein Titulierungsinteresse genügt nicht!). |
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Der Unterhaltsberechtigte hat bereits Einkünfte, die den Ehegattenmindestselbstbehalt (1.370 EUR) überschreiten. |
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Die Bewilligung von Sozialleistungen nimmt dem Antragsteller hingegen nicht das Regelungsbedürfnis. |
Rz. 399
Praxistipp
Klarstellend ist darauf hinzuweisen, dass der Erlass einer einstweiligen Unterhaltsanordnung dem Unterhaltsgläubiger nicht das Rechtsschutzbedürfnis für ein Hauptsacheverfahren nimmt. Dieses wird regelmäßig schon bei Unterhaltsrückständen deshalb erforderlich sein, weil im Verfahren der einstweiligen Unterhaltsanordnung kein rückständiger Unterhalt tituliert wird. Aber auch unabhängig davon ist die einstweilige Unterhaltsanordnung nur das Ergebnis einer summarischen Prüfung, so dass die Beteiligten ein Rechtschutzbedürfnis für eine der Rechtskraft zugängliche endgültige Hauptsacheentscheidung haben, die auch dem Abänderungsschutz des § 238 FamFG unterliegt. Umgekehrt liegt der Fall freilich anders, d.h. ist bereits im Rahmen eines Hauptsacheverfahrens Unterhalt tituliert worden, besteht kein Regelungsbedürfnis für eine einstweilige Unterhaltsanordnung.
2. Der Anordnungsanspruch
Rz. 400
Ein Anordnungsanspruch besteht, wenn sich nach dem Ergebnis des summarischen Erkenntnisverfahrens ein materiell-rechtlicher Unterhaltsanspruch des Anspruchsstellers für das Gericht ergibt. Die einstweilige Anordnung muss nämlich gemäß § 49 Abs. 1 FamFG "nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften gerechtfertigt" sein. Die Formulierung des § 49 Abs. 1 FamFG macht deutlich, dass das Familiengericht auch im summarischen ...