Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
1. Statthaftigkeit
a) Erstmalige Unterhaltsfestsetzung
Rz. 501
Nach § 249 Abs. 2 FamFG findet das vereinfachte Verfahren nicht statt, wenn zum Zeitpunkt der Zustellung des Antrags oder einer Mitteilung über seinen Inhalt an den Antragsgegner ein Gericht über den Unterhalt entschieden hat, ein solches Verfahren anhängig oder auf andere Weise ein zur Zwangsvollstreckung geeigneter Unterhaltstitel errichtet worden ist (Unterhaltsvergleich nach § 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO; notarielle Urkunde i.S.d. § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO). Hieraus folgt, dass das vereinfachte Verfahren nur für die erstmalige Festsetzung des Kindesunterhalts in Frage kommt.
b) Wahlrecht
Rz. 502
Das vereinfachte Verfahren ist gegenüber dem allgemeinen Unterhaltsverfahren nicht vorrangig. Der Unterhaltsberechtigte hat daher ein Wahlrecht, in welchem Verfahren die Unterhaltstitulierung erfolgen soll.
Das Verfahren nach den §§ 249 ff. FamFG kann insbesondere dann nicht als das "einfachere" Verfahren angesehen werden, wenn der Schuldner bereits außergerichtliche Einwände erhoben hat, die den Grund oder die Höhe des Anspruchs betreffen. Dann ist mit diesen Einwänden auch im vereinfachten Verfahren zu rechnen, so dass ein Übergang in das streitige Verfahren ohnehin zu erwarten ist.
Rz. 503
Für diesen Fall besteht weitestgehend auch Einigkeit in der Rechtsprechung, dass für das reguläre Unterhaltsverfahren bei Vorliegen der weiteren Voraussetzungen Verfahrenskostenhilfe zu bewilligen ist. Nur ausnahmsweise kann ein allgemeines Unterhaltsverfahren als mutwillig im Sinne der Verfahrenskostenhilfe einzuordnen sein, wenn das vereinfachte Verfahren zulässig ist, mit einem Übergang ins streitige Verfahren nicht zu rechnen ist und die Angelegenheit rechtlich und tatsächlich einfach gelagert ist.
2. Beteiligte
Rz. 504
Antragsteller im vereinfachten Verfahren ist das minderjährige Kind, vertreten durch seinen gesetzlichen Vertreter. Leben die Eltern getrennt oder ist eine Ehesache zwischen ihnen anhängig, so ist die Vorschrift des §§ 1629 Abs. 3 BGB zu beachten, d.h. der Anspruch ist von dem Elternteil in Verfahrensstandschaft geltend zu machen, in dessen Obhut sich das betreffende minderjährige Kind befindet.
Erfolgt ein Obhutswechsel, so wird der Antrag unzulässig; allerdings kann der betreffende Antragsteller die Hauptsache für erledigt erklären.
Rz. 505
Der Minderjährigenunterhalt kann auch dann noch im vereinfachten Verfahren festgesetzt werden, wenn das Kind nach der Antragstellung volljährig geworden ist. Allerdings muss das Kind das Verfahren fortsetzen, da der bisherige gesetzliche Vertreter keine Aktivlegitimation mehr besitzt. Volljährige Kinder sind hingegen nicht antragsberechtigt.
Antragsgegner kann im vereinfachten Verfahren nur ein Elternteil sein, nicht dagegen ein sonstiger Verwandter, der z.B. im Wege der Ersatzhaftung gemäß § 1607 Abs. 1 BGB auf Zahlung von Unterhalt in Anspruch genommen wird. Ein Elternteil kann nur Anspruch genommen werden, wenn das Kind nicht in dessen Haushalt lebt, vgl. § 249 Abs. 1 FamFG. Daran fehlt es, wenn feststeht, dass das betroffene Kind von beiden Eltern im Wechsel zu gleichen Anteilen betreut wird; in einem solchen paritätischen Wechselmodell lebt das Kind sowohl im Haushalt des einen als auch in dem des anderen Elternteils. Der Antrag ist dann unzulässig; im Übrigen fehlt in diesen Fällen dem Antragsteller – auch für die Geltendmachung etwaiger Unterhaltsrückstände aus dem zurückliegenden Zeitraum – schon die Vertretungsbefugnis für die Kinder, weil das dafür in § 1629 Abs. 2 Satz 2 BGB vorausgesetzte Obhutsverhältnis nicht gegeben ist. Beim echten Wechselmodell mit vollständig paritätischer Betreuung durch beide Eltern hat kein Elternteil die für § 1629 BGB erforderliche Obhut. Obhut im Rechtssinne setzt voraus, dass das Kind mehr als 50 % betreut wird.
Der Antrag ist dem Antragsgegner zuzustellen; dies führt zur Rechtshängigkeit des Verfahrens. Wird der Antragsgegner am Verfahren nicht beteiligt, liegt nur eine Scheinentscheidung vor, sodass nach Beschwerde die Sache an das Erstgericht zurückzuverweisen ist.
3. Der Unterhaltsantrag im vereinfachten Verfahren, § 250 FamFG
Rz. 506
Der Unterhaltsantrag im vereinfachten Verfahren ist zwingend mithilfe des diesbezüglich eingeführten Formulars zu stellen, vgl. auch § 259 Abs. 2 FamFG. Der Formularzwang gilt auch, wenn das Kind durch einen Beistand vertreten wird. Von ihm sind allerdings die Länder und Sozialleistungsträger im Rahmen von § 1 Abs. 2 S. 1 KindUFV befreit.
Die an den Antrag im vereinfachten Verfahren zu stellenden inhaltlichen Anforderungen regelt § 250 FamFG. Das Gericht benötigt die in dieser Vorschrift erwähnten Angaben zur Festsetzung des Unterhalts. Insbesondere muss der Antragsteller...