Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
Rz. 520
Die Vorschrift des § 243 FamFG enthält Sonderregelungen für die Kostenverteilung im Unterhaltsverfahren. Das Gericht hat in Unterhaltssachen über die Kostenverteilung nach billigem Ermessen zu entscheiden. Die wesentlichen Gesichtspunkte der ZPO-Kostenvorschriften sind als zu berücksichtigende Gesichtspunkte unter Nr. 1 bis Nr. 4 aufgezählt. Insbesondere kann eine unterlassene oder ungenügende Auskunftserteilung kostenrechtlich sanktioniert werden. Die Familiengerichte können über die Kostenentscheidung in Unterhaltssachen flexibel auf den Einzelfall reagieren. Hierzu besteht auch deshalb Anlass, da, anders als bei Verfahren über einmalige Leistungen, in Unterhaltssachen dem Dauercharakter der Verpflichtung bei der Streitwertermittlung nur begrenzt Rechnung getragen werden kann.
Auch die Kosten des vereinfachten Verfahrens nach §§ 249 ff. FamFG über den Unterhalt Minderjähriger sind nach § 243 nach billigem Ermessen zu verteilen.
I. Entscheidung über die Kosten der Unterhaltssache nach billigem Ermessen
Rz. 521
Das FamG entscheidet in Unterhaltssachen nach billigem Ermessen über die Kosten. Maßgebliche Gesichtspunkte, die das billige Ermessen berücksichtigen soll, werden in Nr. 1 bis Nr. 4 genannt. Durch das Wort "insbesondere" wird klargestellt, dass die in Nr. 1 bis Nr. 4 aufgezählten Gesichtspunkte jedoch nicht abschließend sind. So kann z.B. in der Rechtsmittelinstanz auch der Rechtsgedanke des § 97 Abs. 2 ZPO in die Kostenentscheidung einfließen.
II. Kriterien der Kostenentscheidung
1. Kostenverteilung im Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen, § 243 Nr. 1
Rz. 522
Grundsätzlich gilt im Zivilprozess, dass die Kosten entsprechend dem Verfahrenserfolg zu tragen sind. Diese Regel ist auch Grundlage der Kostenentscheidung in Unterhaltssachen und dürfte, auch wenn die Nummerierung nicht als Rangverhältnis zu verstehen ist, vom Gesetzgeber nicht ohne Bedacht als Nr. 1 platziert worden sein.
2. Auskunftsverweigerung, § 243 Nr. 2
Rz. 523
Eine unterlassene oder ungenügende Auskunftserteilung kann kostenrechtlich sanktioniert werden. Bedeutung hat, inwieweit die ungenügende Auskunft kausal für den gerichtlichen Misserfolg im Unterhaltsverfahren geworden ist. Ratio legis der Vorschrift ist, dass gesetzliche Unterhaltsansprüche im Interesse aller Beteiligten nach Möglichkeit bereits außergerichtlich geklärt werden sollen. Dies setzt voraus, dass der Verpflichtete freiwillig und umfassend Auskunft erteilt. Weigert sich ein Beteiligter außergerichtlich, detailliert vollständig Auskunft über das eigene und das Einkommen des Ehegatten zu erteilen, können ihm die Kosten des Unterhaltsverfahrens auferlegt werden, obwohl er in der Hauptsache obsiegt.
Legt der Antragsgegner Erwerbsbemühungen nicht umfassend dar, ist der Anwendungsbereich der Vorschrift hingegen nicht (auch nicht entsprechend) eröffnet.
3. Ungenügende Auskunft gegenüber dem Gericht
Rz. 524
Fordert das FamG Auskunft über Einkünfte und Vermögen, und kommt der Beteiligte der Aufforderung nicht nach, hat dies nachteilige Konsequenzen für die Kostenentscheidung. Wichtig ist freilich, dass der Beteiligte auf diese Folge hingewiesen wird. Dazu ist das FamG nach § 235 Abs. 1 S. 4 nämlich verpflichtet.
4. Sofortiges Anerkenntnis
Rz. 525
Das sofortige Anerkenntnis nach § 93 ZPO hat Kostenvorteile. Entscheidend ist freilich, dass der Beteiligte spätestens mit der Erwiderung auf den Unterhaltsantrag anerkennt.
Letztlich ist auch zu berücksichtigen, dass der Unterhaltsgläubiger einen Titulierungsanspruch hat; hat der Verpflichtete daher zwar Unterhalt immer gezahlt, die Titulierung aber verweigert, ist Nr. 4 nicht anwendbar.
Umstritten ist, welcher Beteiligte die Titulierungskosten zu tragen hat. Der Kindesunterhalt wird vom Jugendamt bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres kostenfrei tituliert (§§ 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 60 SGB VIII), sodass die Übernahme der Titulierungskosten keine Rolle spielt. Kostenfreiheit besteht auch für die Titulierung des Unterhalts nach § 1615l BGB (§§ 59 Abs. 1 S. 1 Nr. 4, 60 SGB VIII). Wird hingegen Ehegattenunterhalt gefordert, so ist umstritten, wer die Titulierungskosten zu tragen hat. Teilweise wird vertreten, die Übernahme der Titulierungskosten sei eine Nebenpflicht des Unterhaltsschuldners, da der Bedürftige kaum mit diesen Kosten belastet werden könne; die überwiegende Meinung argumentiert, es gebe keine materiell-rechtliche Grundlage zur Übernahme der Kosten für die Schaffung eines vollstreckbaren Titels, sodass dem Unterhaltsschuldner diese Kosten nicht auferlegt werden können. Beim Ehegattenunterhalt gibt der Unterhaltsschuldner daher nur dann Anlass zum gerichtlichen Unterhaltsverfahren, wenn er bei laufender Unterhaltszahlung in vereinbarter Höhe der außergerichtlichen Aufforderung zur für ihn kostenfreien Titulierung nicht fristgerecht nachkommt.
Ein Teilanerkenntnis, gestützt auf Teilzahlungen, ist in Unterhaltssachen ebenfalls nicht kostenbegünstigt; der Berechtigte hat einen Anspruch auf einen umfassenden Titel.