Sebastian Kubik, Dr. iur. Franz-Thomas Roßmann
1. Die Rechtshängigkeit des Unterhaltsanspruchs
Rz. 131
Hat der Unterhaltsschuldner außergerichtlich ordnungsgemäß Auskunft über seine Einkünfte erteilt, dann aber die berechnete Unterhaltsschuld nicht akzeptiert, so muss der Anspruch gerichtlich durchgesetzt werden, wird schon die Auskunft nicht erteilt, ist ein sog. Unterhaltsstufenantrag erforderlich (siehe oben Rdn 79 ff.). Dies erfolgt regelmäßig durch einen entsprechenden Unterhaltsantrag beim zuständigen Familiengericht. Es handelt sich dabei um eine Familienstreitsache, die nach den Verfahrensvorschriften der ZPO abgewickelt wird (§§ 112 Nr. 1, 113 Abs. 1 FamFG), sofern sich aus den §§ 231–260 FamFG nichts Abweichendes ergibt. Insbesondere die Verfahrensvorschrift des § 258 ZPO (Titulierung wiederkehrender Leistungen) ist in Unterhaltssachen bedeutsam.
Die Einreichung der Antragsschrift bei Gericht hat die Anhängigkeit des Unterhaltsverfahrens zur Folge; die Zustellung führt zur Rechtshängigkeit. Der Antragsteller begehrt mittels der Antragsschrift Rechtsschutz durch Erlass eines Beschlusses (§ 38 FamFG). Die Antragserhebung begründet ein Verfahrensrechtsverhältnis und fixiert den Streitgegenstand.
2. Wiederkehrende Leistungen, § 258 ZPO
Rz. 132
Der gerichtliche Unterhaltsantrag richtet sich auf Erlass eines Titels i.S.v. § 258 ZPO, der wiederkehrende Leistungen, nämlich Unterhalt, zum Gegenstand hat. Unterhaltsanträge werden regelmäßig wie folgt formuliert:
Muster 8.4: Unterhaltsantrag
Muster 8.4: Unterhaltsantrag
Der Antragsgegner wird verpflichtet, an die Antragstellerin ab dem 1. _________________________ 20_________________________, jeweils monatlich im Voraus, spätestens bis zum dritten Werktag des jeweiligen Monats einen Unterhalt in Höhe von _________________________ EUR zu zahlen.
Rz. 133
Die Vorschrift des § 258 ZPO ist für Unterhaltsverfahren von zentraler Bedeutung. § 258 ZPO stärkt den Rechtsschutz, d.h. wer Anspruch auf wiederkehrende Leistungen hat, soll mit einem Unterhaltsverfahren nicht erst bis zur Fälligkeit warten müssen. Er kann unverzüglich einen Antrag auf künftige Leistung stellen und so eine rasche Zwangsvollstreckung vorbereiten. Zudem ist es prozessökonomisch, dass wiederholte Unterhaltsverfahren vermieden werden, solange die Verhältnisse unverändert bleiben. Wiederkehrend im Sinne der Vorschrift sind Ansprüche, die sich als einheitliche Folgen aus einem Rechtsverhältnis ergeben, so dass die einzelne Leistung in ihrer Entstehung nur noch vom Zeitablauf abhängig ist. So verhält es sich unter anderem mit nach Zeitabschnitten fällig werdenden Unterhaltsansprüchen, vgl. §§ 1361 Abs. 4, 1612 BGB.
3. Rechtsschutzbedürfnis für einen Unterhaltsantrag
Rz. 134
Das Rechtsschutzinteresse für die Einleitung eines Unterhaltsverfahrens ist gegeben, wenn der Unterhaltsschuldner einer Unterhaltspflicht trotz ausreichender Aufforderung nicht nachkommt.
4. Verfahrensbesonderheiten beim Kindesunterhalt
Rz. 135
Kindesunterhaltssachen sind von einigen Besonderheiten geprägt. Bereits behandelt wurde das Zuständigkeitsprivileg nach § 232 Abs. 1 Nr. 2 FamFG. Der Unterhaltsanspruch eines minderjährigen Kindes bzw. eines nach § 1603 Abs. 2 S. 2 BGB gleichgestellten Kindes gegenüber den Eltern wird ausschließlich bei dem Gericht eingefordert, bei dem das Kind seinen allgemeinen Gerichtsstand hat.
Hinweis
Minderjährige Kinder, die nur den Zahlbetrag der ersten Stufe der Düsseldorfer Tabelle (Mindestunterhalt abzüglich anteiligen Kindergeldes) geltend machen, sind von der Darlegungs- und Beweislast entbunden. Dies betrifft sowohl ihren Bedarf als auch die Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners. Der Verpflichtete muss umgekehrt den Nachweis führen, dass er den Zahlbetrag nicht erwirtschaften kann.
Ist Kindesunterhalt bereits tituliert, sind für eine spätere Abänderung die §§ 238, 239 FamFG maßgeblich.
Erforderlich ist in allen Verfahren eine ordnungsgemäße Vertretung minderjähriger Kinder.
a) Vertretung des Kindes, Verfahrensstandschaft
aa) Alleinsorge eines Elternteils
Rz. 136
Übt ein Elternteil die elterliche Sorge allein aus oder ist ihm die Entscheidung nach § 1628 BGB übertragen, vertritt dieser Elternteil das Kind allein (§ 1629 Abs. 1 S. 3 BGB).
bb) Gemeinsame elterliche Sorge (§ 1629 BGB)
Rz. 137
Häufig sind die Eltern getrenntlebende Eheleute, die gemeinsam die elterliche Sorge für das Kind haben. Der Elternteil, in dessen Obhut sich das Kind befindet, übernimmt die Vertretung des Kindes gem. § 1629 Abs. 2 S. 2 BGB bei Geltendmachung des Unterhaltsanspruchs gegen den anderen Elternteil. Insoweit ergibt sich – allerdings nur für Unterhaltsfragen – ein Alleinvertretungsrecht. Ansonsten bleibt es bei gemeinsamer Vertretung durch beide Elternteile.
Obhut bedeutet dabei die tatsächliche Fürsorge für das Kind, also die Befriedigung der elementaren Bedürfnisse des Kindes durch Pflege, Verköstigung, Gestaltung des Tagesablaufs, Erreichbarkeit bei Problemen und emotionale Zuwendung. Unklar bleibt weiterhin die Rechtslage, wenn sich das Kind abwechselnd und in gleichem Umfang in der Obhut des einen und dann des anderen Elternteils befindet.