Dr. iur. Kerstin Diercks-Harms, Dr. iur. Rüdiger Brodhun
I. Anordnung des persönlichen Erscheinens des Mandanten
Rz. 5
Bis auf wenige Ausnahmen – so bei Verfahren im unteren Streitwertbereich bis zu einem Gegenstandswert von bis zu 600,00 EUR gemäß § 495a ZPO (das Amtsgericht kann sein Verfahren hier nach billigem Ermessen bestimmen) – wird das Gericht den Fall mit den Parteien mündlich erörtern. Die Prozessparteien werden fast immer persönlich geladen, § 141 Abs. 1 S. 1 ZPO. Dies dient einem doppelten Zweck: Zum einen kann das Gericht den Parteivortrag so am besten und schnellsten im direkten Gespräch aufklären. Zum anderen soll über einen möglichen Vergleich verhandelt werden, §§ 141 Abs. 3 S. 2, 278 Abs. 1 ZPO.
Rz. 6
Eine Vertretung durch eine Person, die den Tatbestand aufklären kann, ist möglich, z.B. durch einen instruierten Mitarbeiter einer Firma. Ein Vertreter sollte eine Originalvollmacht vorlegen können und muss berechtigt sein, ggf. einen (Widerrufs-)Vergleich abzuschließen oder diesen abzulehnen, vgl. § 141 Abs. 3 S. 2 ZPO, aber auch andere prozessual gebotene Erklärungen, z.B. ein Anerkenntnis oder eine Erledigungserklärung, abzugeben.
Rz. 7
Wurde das persönliche Erscheinen der Parteien vom Gericht angeordnet, muss dem Folge geleistet werden, um das Verhängen eines Ordnungsgeldes nach § 141 Abs. 3 S. 1 ZPO zu vermeiden.
II. Keine Anordnung des persönlichen Erscheinens
Rz. 8
Ist das persönliche Erscheinen vom Gericht nicht angeordnet worden, stellt sich die Frage, ob es ratsam ist, den Mandanten zu bitten, dennoch an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen. Auch bei anwaltlicher Vertretung, kann dem Mandanten u.U. empfohlen werden, den Termin höchstpersönlich wahrzunehmen:
▪ |
Das Gericht wird das persönliche Erscheinen nutzen, um sich einen unvermittelten Eindruck von den Parteien zu verschaffen; schließlich spielt bei der Entscheidung des Gerichts auch die Glaubwürdigkeit der Parteien eine Rolle. Die Art und Weise der Sachverhaltsschilderung durch die Partei könnte das Gericht letztendlich mehr überzeugen als die entsprechende schriftsätzliche Behauptung. |
▪ |
Außerdem wird der Vorsitzende im Zweifel einer persönlich erschienenen Partei direkter und persönlicher erläutern, wo die etwaigen Defizite im bisherigen Sachvortrag liegen und dementsprechend richterliche Hinweise geben, auf welche sich die Partei noch erklären kann. |
▪ |
Kommt es auf eine besondere Sachkunde zur Beurteilung des Falles an, kann der Mandant persönlich dem Gericht – sollte diesem der Sachverhalt noch nicht plausibel geworden sein – bestimmte Punkte zum besseren Verständnis darlegen. Gerade, wenn der Gegner einzelne Behauptungen in Frage stellt, können diese sogleich berichtigt werden. |
▪ |
Im Rahmen einer Beweisaufnahme kann der Mandant möglicherweise besser als ein Prozessbevollmächtigter einen Sachverständigen oder Zeugen befragen, weil der Mandant den Sachverhalt besser kennt. Auch kann er ggf. gute ergänzende Fragen stellen. |
▪ |
Sind beide Parteien persönlich erschienen, kommt ein Vergleichsabschluss ohne Widerrufsvorbehalt in Betracht, so dass eine Einigung endgültig zustande kommen kann. Somit besteht nach dem Ende der Verhandlung Rechtssicherheit. |
Rz. 9
Letztendlich dürfte es auf den Einzelfall ankommen, ob dem Mandanten empfohlen werden kann, an der mündlichen Verhandlung teilzunehmen oder nicht. Steht zu befürchten, dass der Mandant dem Druck einer Verhandlung nicht gewachsen ist und er sich möglicherweise, z.B. aus Nervosität, ungeschickt äußern könnte oder bereits aufgefallen ist, dass der Mandant zu emotionalen Äußerungen neigt, kann es angebracht sein, dem Mandanten zu raten, nicht zu erscheinen. Auch wenn noch keine rechtlichen Hinweise nach § 139 Abs. 1 ZPO erfolgt sind und davon ausgegangen werden muss, dass diese in der mündlichen Verhandlung erfolgen, kann es u.U. vorteilhaft sein, im Termin einen Antrag auf Schriftsatznachlass zu stellen, welcher im Zweifel eher nicht bewilligt wird, wenn der Mandant persönlich anwesend ist.
III. Termin in Untervollmacht
Rz. 10
Wird einem anderen Rechtsanwalt (die nach Möglichkeit schriftliche) Untervollmacht erteilt, den konkreten Rechtsstreit für oder mit dem Mandanten wahrzunehmen, handelt es sich um eine Tätigkeit als Terminsvertreter. Der Unterbevollmächtigte ist umfassend zu instruieren. Äußerst negativ fallen bei Gericht dessen Äußerungen auf, er sei "nicht Hauptbevollmächtigter" und solle "nur den Antrag stellen", könne aber ansonsten keine weiteren Erklärungen abgeben. Mit dem Terminsvertreter ist ferner die Gebührenfrage zu regeln. Oftmals wird eine Quotelung von ⅓ zu ⅔ der erstattungsfähigen...