Dr. iur. Nikolas Hölscher
Rz. 117
Setzt der Erblasser den Abkömmling als Erben ein, so kann er Vor- und Nacherbfolge anordnen und dessen gesetzliche Erben entsprechend den ihnen nach der gesetzlichen Erbfolge zustehenden Anteilen als Nacherben berufen. Zu vermeiden ist, die Nacherben namentlich zu benennen, da sich die gesetzlichen Erben nach Errichtung der Verfügung ändern können. Werden andere Personen zu Erben berufen oder andere Erbquoten angeordnet, so hat dies nicht die Wirkung des § 2338 BGB, § 863 ZPO. Zu den gesetzlichen Erben gehören auch die Ehegatten des betroffenen Pflichtteilsberechtigten und seine adoptierten und nichtehelichen Kinder, nach dem Normzweck (Familienerhalt) aber nicht der Fiskus (arg. auch § 2104 S. 2 BGB). Als zulässige Abweichungen bestehen nur die Möglichkeiten, diejenigen gesetzlichen Erben auszuschließen, denen gegenüber der Erblasser zur Pflichtteilsentziehung berechtigt ist, oder die Berufung als Nacherbe auf eine oder mehrere der gesetzlichen Erbordnungen (§§ 1924 ff. BGB) zu beschränken; jedoch wird man aus der letztgenannten Möglichkeit nicht herleiten können, dass der Ehegatte des Abkömmlings aus dem Kreis der Nacherben ausgeschlossen werden kann, auch wenn er außerhalb des Verwandtenerbrechts eine Art von anderem Erbrecht hat; dadurch wird die praktische Verwendbarkeit dieser Gestaltung erheblich reduziert, da ein Weitervererben an die Schwiegerkinder von den Erblassern meist nicht gewollt ist. Nacherbfall muss der Tod des Abkömmlings sein (§ 2106 BGB).
Rz. 118
In welcher Höhe die Einsetzung des Abkömmlings zum Vorerben erfolgt, ist unerheblich. Erhält er mehr als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils, so unterliegt der gesamte ihm hinterlassene Erbteil den Beschränkungen des § 2338 BGB. Erhält er weniger als die Hälfte seines gesetzlichen Erbteils, so steht ihm zwar insoweit ein Pflichtteilsrestanspruch (§ 2305 BGB) zu, hinsichtlich dessen aber im Zweifel seine gesetzlichen Erben die Nachvermächtnisnehmer sind. Jedoch empfiehlt sich eine Klarstellung in der letztwilligen Verfügung. Über die Vorerbschaft kann der pflichtteilsberechtigte Abkömmling keine eigene Verfügung von Todes wegen errichten; für Verfügungen unter Lebenden gelten die §§ 2111 ff. BGB, jedoch ist auch die Anordnung einer befreiten Vorerbschaft (§ 2136 BGB) möglich. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen der Eigengläubiger sind nach § 2115 BGB im Falle des Eintritts des Nacherbfalls insoweit unwirksam, als sie die Rechte der Nacherben vereiteln oder beeinträchtigen. Dies hindert daher nicht die Pfändung zu Lebzeiten des Vorerben (dagegen hilft die Testamentsvollstreckung, siehe Rdn 121 ff.), sondern nur die Verwertung in der Zwangsvollstreckung. Vollstreckungsrechtlich komplettiert werden die mit der Pflichtteilsbeschränkung verfolgten Ziele durch § 863 Abs. 1 ZPO. Danach sind die Nutzungen der Erbschaft der Pfändung durch die Eigengläubiger insoweit entzogen, als dies zur Sicherung des "standesgemäßen Unterhalts" des Abkömmlings und seiner unterhaltsberechtigten Unterhaltsgläubiger erforderlich ist.